PLATONOW • TSCHECHOW

PLATONOW • TSCHECHOW

Premiere – Freitag, 12. März 2010

Regie: Georg Schmidleitner, Bühne: Florian Papst, Dramaturgie: Kathrin Mädler

Ich spiele die Rolle des Porfirij Semjonowitsch Glagoljew
Foto © Marion Bührle

Inhalt

Platonow, einst ein hoffnungsvoller Student, fristet mit der ungeliebten Frau Sascha und seinem kleinen Sohn ein trostloses Provinzdasein als Dorfschullehrer. Nur sein bitterer Zynismus erhält ihn noch am Leben. Zu schwach, den Frauen zu widerstehen, spielt er den charmanten Verführer und sarkastischen Hofnarren und wird dabei zum unfreiwilligen Provinz-Don-Juan.
Nach einem endlos langen und langweiligen Winter trifft sich die Provinzgesellschaft bei der bankrotten Gutsbesitzerin Anna Grekova zu einer ausgelassenen Abendgesellschaft. Lebensgierig und liebessehnsüchtig himmelt sie Platonow an und verzeiht ihm jede Grobheit. Seine Jugendliebe Sofia, die er dort zufällig trifft, ist bereit, ihren Mann für ihn zu verlassen und die junge Maria will ihn aus seiner Traurigkeit retten. Hin- und hergerissen zwischen einem Leben, das ihn anödet und den Verlockungen eines Neuanfangs, tritt Platonow selbstmitleidig auf der Stelle. Ein Selbstmordversuch seiner Frau, die hinter seine Affären gekommen ist, Platonows Anfall von Selbsterkenntnis, der in Todessehnsucht umschlägt und schließlich ein Pistolenschuss setzen dem Reigen von tragikomischen Begegnungen ein Ende.

Kritik

Regisseur Georg Schmiedleitner, sonst ein Mann für die wuchtigen Theater-Bilder, hat diesmal optisch abgespeckt und dafür sein Ensemble zur Hochleistung animiert.
[…]
Dass man gebannt verfolgt, wie das Ekel Platonow allen unangenehme Wahrheiten ins Gesicht schleudert, vier Frauen an sich bindet und sie doch verabscheut, alle anderen und sich selbst zur Raserei bringt, ist den Schauspielern zu verdanken.
[…]
Nunner, stoppelbärtig und schmerbäuchig, bemüht sich gar nicht, auch mal anziehend zu wirken. Er lässt die Frauen – Adeline Schebesch grandios als lebensgierige Generalin, Nicola Lembach als fluchtwilliges Weibchen, Henriette Schmidt als verbissene junge Jungfer und Ruth Macke als blind vertrauende Gattin – einfach auflaufen und steigert sich vom ungehobelten Klotz zum unheilbringenden Totalverweigerer. Einzig der Pferdedieb Ossip (in der kleinen Rolle groß: Michael Hochstrasser) ist genauso echt wie er, kann ihm Paroli bieten – und zieht doch den Kürzeren. Georg Schmiedleitner hat auch aus den Nebenrollen die Essenz herausgekitzelt: Frank Damerius gibt den weinerlichen späten Liebhaber, Marco Steeger mal wieder den lila Lackaffen, Neuzugang Stefan Willi Wang den naiven gehörnten Ehemann und Rainer Matschuck den rachsüchtigen reichen Juden.
Ausgezeichnetes Schauspielertheater, das großen Jubel erntete. •
Katharina Erlenwein – Nürnberger Nachrichten – 15.03.2010

Plärrer – April 2010
Tschechow ist stets ein Fest für Schauspieler: gut gezeichnete Charaktere im Spannungsfeld von Sehnsucht und Realität, exquisite Dialoge, eine reichhaltige Skala der großen und kleinen Gefühle. Und »Platonow« enthält all das: etwa den Titelhelden, einen völlig heruntergekommenen Dorfschullehrer, dem dennoch alle Frauen verfallen, einen gehörnten Ehemann, einen rustikalen Pferdedieb, einen Geldjuden, und dann eben die Frauen.
Sie alle spielen die dreistündige Inszenierung von Georg Schmiedleitner ohne jede Materialermüdung, denn der hat diese Tragikomödie mit phänomenalem Gefühl für Spannungen & Dynamik in den effektiven Bühnen-Raum gestellt. Exzellent! • Jochen Schmollt

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