DER ZERBROCHNE KRUG • KLEIST

DER ZERBROCHNE KRUG • KLEIST

Premiere – Samstag, 9. Juni 2012

Regie: Kai Neumann, Bühne: Günter Hellweg, Dramaturgie: Maren Zimmermann

Ich spiele die Rolle des Dorfrichter Adam.
Foto © Marion Bührle

Inhalt

Unter den Augen des Gerichtsrats Walter, der zur Inspektion in die Provinz gekommen ist, verhört Dorfrichter Adam ein junges Mädchen mit einem einzigen Ziel: die Wahrheit zu verschleiern. Gegenstand der Verhandlung ist ein zerbrochener Krug. Die Klägerin Marthe Rull, Mutter der jungen Eve, ist sich sicher, dass Eves Verlobter Ruprecht den Krug bei einem nächtlichen Besuch im Hause Rull beschädigt hat. Doch Evchen schweigt beharrlich. Denn wie soll sie ihrer Mutter erklären, dass der Dorfrichter Adam selber in ihrem Zimmer war, ihr ein Attest versprach, das ihren Ruprecht vom Militärdienst befreien sollte, sich dieser aber etwas ganz anderes von diesem Besuch erhoffte. Und dass der hinzugekommene Ruprecht den Dorfrichter in die Flucht schlug und dabei der Krug zerbrach.Als wäre das alles nicht schon kompliziert genug, hat auch noch eine Nachbarin die Flucht beobachtet und ist sich sicher, dass die im Garten gefundene Perücke zusammen mit den eindeutigen Fußspuren eines Klumpfußes dafür sprechen, dass der Teufel selbst bei Evchen zu Besuch war.Heinrich von Kleist (1777-1811) erzählt in seinem Lustspiel von Staatsdienern, die ihre öffentliche Funktion im Interesse ihrer privaten Wünsche nutzen und dabei auf Menschen treffen, deren Autoritätsgläubigkeit ihnen dieses Vorhaben erstaunlich leicht machen. Allein Evchen lebt in einer Gefühlsgewissheit jenseits von Obrigkeitsdenken, die durch keine Autorität zu erschüttern ist. 200 Jahre nach Kleists Freitod amüsiert oder erschreckt – je nach Gemütslage – die Aktualität eines Autors, der zu Lebzeiten immer ein Außenseiter war, der zwischen den etablierten Lagern der Weimarer Klassik und der Romantik stand.„‚Der zerbrochne Krug‘ gehört zu […] denjenigen Werken, dem gegenüber nur das Publikum durchfallen kann. Der ergötzlichste Einfall und das farbigste Sittengemälde ist hier zum Genialen gesteigert …“ (Friedrich Hebbel)

Kritik

Klug, hinreißend: „Der zerbrochne Krug“ in Nürnberg

[…]
In der aktuellen Nürnberger Version von Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ ist es zunächst einmal Dorfrichter Adam, der mehr oder minder zerbrochen ist. Adam (Frank Damerius) hat schmerzhafte Wunden am nackerten Körper, wackelt nahrungssuchend zu einem Glas Würstchen und säuft, nach einem Moment des Widerwillens, das Würstchenwasser zur inneren Brandbekämpfung gleich hinterher. Dann versorgt er seine klaffende Beinwunde mit einem angespuckten Socken, bevor das Schicksal endgültig über ihn hereinbricht, ihn, den Schurken, Schuft, Mädchenbetörer, Erpresser, der in Kay Neumanns Inszenierung trotz aller Schlechtigkeit zugleich Mitleid erregt, weil er auch einsam, arm, hilflos, in die Enge getrieben ist.
[…]
Mit Adam schafft es Neumann schon mal, einen weiten Raum hinter den Lustspielfiguren zu entdecken: Denn er ist halt nicht nur der böse Popanz, sondern auch der waidwunde Flüchtling, der, je länger, desto verquerer und lustiger, sich und seine Umtriebe des Amtsmissbrauchs durch immer noch sakrischeren Amtsmissbrauch zu übertünchen trachtet: In Nürnberg, sieht man fertig ausgestattete Menschen hinter den Funktionen, die sie im gut komponierten kleistschen Lustspiel haben und die schon reichen würden, um Lachlust zu erzeugen. So entsteht ein Abend kluger, hinreißender Unterhaltung.
[…]
Frank Damerius brilliert in der Rolle des Dorfrichters, der nächtens der hübschen Eve nachstellt, auf der Flucht seine Perücke verliert und sich letztlich selbst entlarvt. Listig, lustig, plastisch und drastisch bildet er damit den passenden Gegenpart zu Gerichtsrat Walter, der unerwartet zur Revision vorbeischaut.
Landshuter Zeitung – 14.06.2012

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