LAZARUS • DAVID BOWIE & ENDA WALSH

LAZARUS • DAVID BOWIE & ENDA WALSH

Premiere – Samstag, 2. Februar 2019

Regie: Tilo Nest, Bühne: Stefan Heyne, Kostüme: Anna Buffertrille, Dramaturgie: Katharina Gerschler, mus. Leitung: Vera Mohrs & Kostja Rapaport

Ich spiele den Michael

Inhalt
Verewigt hat Bowie sich neben all seinen anderen Verdiensten auch in diesem Musical, dessen New Yorker Uraufführung er kurz vor seinem Tod im Januar 2016 noch erlebte. Auch hier geht es um Tod, Vergehen und Auferstehen, und wiederum spielt er mit Facetten seiner Persönlichkeit und der Kultfigur Bowie. Gemeinsam mit dem irischen Dramatiker Enda Walsh und entlang von eineinhalb Dutzend Songs (darunter Welthits wie „Absolute Beginners“, „Heroes“ oder „This is not America“) erzählt er eine Geschichte, die sich lose an Nicolas Roegs „Der Mann, der vom Himmel fiel“ orientiert. Gefangen auf der Erde wird ein verbitterter Newton von Dämonen seiner Vergangenheit gequält und betäubt sich mit Gin. Seine Unsterblichkeit ist ihm lästig und er sehnt sich nach Erlösung. Als ein Mädchen auftaucht, eine Verlorene wie er, schöpft er neue Hoffnung: Wird er mit ihrer Hilfe die Welt doch noch verlassen können? Eine abgründig verrätselte Meditation über den Tod als ungelebtes Leben, randvoll mit Bowie-Klassikern.
Besetzung

Sascha Tuxhorn (Newton), Lea Sophie Salfeld (Elly). Amadeus Köhli (Zach), Anna Klimovitskaya(Japanerin/Maemi), Vera Mohrs (Teenage Girl 1), Süheyla Ünlü (Teenage Girl 2), Marie Nest (Teenage Girl 3), Pauline Kästner (Das Mädchen/Marley), Nicolas Frederick Djuren (Valentine), Yascha Finn Nolting (Ben), Frank Damerius(Michael), Kostia Rapoport (Klavier, Keyboard), Vera Mohrs (Keyboard), Denis Cuni (Posaune), Martin Krechlak(Saxophon, Querflöte), Daniel Randlkofer (Gitarre), Moritz Graf (Bass), Daniel Treimer (Schlagzeug)

Kritik

Zartes und Brutales, Liebe und Hass, Leben und Tod – das Musical „Lazarus“, am Samstag erstmals im Staatstheater Nürnberg aufgeführt, ist alles andere als leichte Kost. In zwei Stunden, ohne Pause, werden weder einfache Fragen gestellt noch wirkliche Antworten gegeben. Dass ein unvergessener Popstar wie David Bowie dieses Musical zusammen mit Enda Walsh geschaffen hat, mag einen Teil des Publikums angezogen haben; den enormen Andrang insgesamt vermag es freilich nicht zu erklären

Es sind hoch intensive zwei Stunden. Der Zeitfortschritt verliert sich am Rande der Wahrnehmung. „Lazarus“ ist nicht im Vorbeigehen zu begreifen. Erzählt wird in der Regie von Tilo Nest die Geschichte eines Außerirdischen, der von der Erde nicht mehr loskommt. Nicht etwa, weil es ihm hier so gefällt, sondern weil ihm die Rückkehr in die Heimat versperrt ist. Wobei das Wort „Geschichte“ nicht passt: Die Zeit, soweit überhaupt begreifbar, hat in „Lazarus“ weder Anfang noch Ende. Es gibt keine wirkliche Vergangenheit, keine erkennbare Zukunft. Noch nicht einmal die Gegenwart ist so beschaffen, wie sie es auf den ersten und zweiten Blick zu sein scheint.

Zum Musical im Sinne einer Genre-Zuordnung wird „Lazarus“ durch ein gutes Dutzend Songs von David Bowie, am bekanntesten für ein breites Publikum vielleicht „Heroes“ oder „Life On Mars“. Ein Musical für belanglos-bunte Deko-Shows entsteht dabei aber nicht. Die Band ist mit auf der Bühne, wird als kleine Gruppe selbst zum Akteur im dramaturgischen Ablauf. Bowies Songs interpretiert sie auf eigene Art: Zwar sind sie allemal gut zu erkennen, doch ordnen sie sich unter. Ein Musical als „Drama mit Musik“?

Was zeichnet diese Nürnberger Inszenierung des Musicals aus, dessen Uraufführung in New York David Bowie 2016 selbst so gerade noch erlebt hat? Recht einfach: Es bleibt nichts zu wünschen übrig, und die Besucher der Premiere haben genau diese Perfektion bis ins kleinste Detail am Ende auch mit „Standing Ovations“ gefeiert. In erster Linie zu feiern, ist die fein dosierte, aber gewaltige Wucht, die alle Darsteller entwickeln, und das selbst in den Szenen, die auf den ersten Blick wie auf Samtpfoten daherkommen.

Josef Fichtner – Mittelbayerische Zeitung

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