GEDICHTE

GEDICHTE

Soweit ich zurückdenken kann, habe ich versucht zu schreiben.
Schon in der ersten Klasse habe ich kleine Geschichten, Comics und Gedichte geschrieben. Mit 16 Jahren lernte ich Gitarre und versuchte mich im Lieder schreiben. Das war in den 70ern ein Muss. Man wollte wie Bob Dylan Songs schreiben und mit der Gitarre vortragen. Auch in Deutschland boomte damals das „Liedermachertum“. Mit Hannes Wader, Reinhard Mey, Konstantin Wecker, Rio Reiser uvm. Bis 1990 schrieb ich regelmäßig neue Texte und trat auch mit eigenen Liedern auf. Eine Auswahl diese „alten“ Songs habe ich hier gesammelt.

GEDICHTE

Inhaltsverzeichnis

Notizen übers Jahr

Liebeslieder

Sehr persönliche Gesänge

Jahres. – und Lebenszeitliches

Kinderlieder und Ulklieder

Schreie – Schmerzgedichte

Soundreise

Notizen übers Jahr

Meinem Freund Gerd Bruhms gewidmet,
auf Grund dessen Tagebuchnotizen
ich die folgenden Texte und Lieder niederschrieb.

Prolog

Was wir Menschen am nötigsten brauchen ist Ruhe.
Ruhe und Besinnung, um zu uns selbst zu finden.
Es ist falsch zu sagen, die Menschen seien kalt und
abgestumpft geworden. Nein.
Sie nehmen sich für Gefühle, für Liebe nur keine Zeit.
Oder haben sie einfach nicht.

Zur Person:

Gerd Bruhms – Einer der sich traut
Einer der hasst, liebt, weint, lacht.
Einer der sich Zeit lässt für Gefühle.

Er wohnt in einer großen Stadt – im Augenblick
Arbeitet als Monteur, geschickt von einem großen Betrieb,
in diese große Stadt, wo ich ihn kennenlerne.
Er trinkt aus großen Gläsern und hat von Zeit zu Zeit
ein großes Maul.

Seine Frau lebt mit der Tochter, weit weg in einer kleinen Stadt.

Ich erinnere mich an das Jahr 80.
Er gibt mir sein Tagebuch von diesem Jahr
und ich versuche seine Notizen und meine Erinnerungen
in ein poetisches Jahrbuch mit Gesängen zu verweben.

28. Dezember

Ein Jahr geht
Ein altes, greises Jahr.
Kein schlechtes war es und kein gutes – ein kurzes Jahr
Die Jahre werden von Jahr zu Jahr kürzer.
Er ist wieder ein Jahr älter
Hat ein paar Illusionen weniger.
Narben an Herz und Hirn
Falten neu im Gesicht
Ein paar Freunde gewonnen – ein Paar verloren
Ein, zwei Mädchen geliebt,
mit vielen geschlafen.
Es dreht das Karussell der Zeit.
Es dreht, wir drehen mit.
Das Jahr es geht, ihm ist’s nicht leid.
Hau ab altes Jahr und unsre Sorgen nimm mit.
Es schlägt die Tür hinter sich zu, das Jahr
und kommt auf den Schuttabladeplatz der Zeit.
Soll es gehen. Ein neues steht schon bereit.
Und lasst es getrost schneien,
daran haben wir uns lang gewöhnt

2. Januar

Wenn wir, die wir das neue Jahr mit Liedern, Feuerwerken, Küssen und trunkener Freude begrüßen, heute 2 Tage später, aktentaschen- und einkaufsbeutelbeladen mit abgehetzten, müden Gesichtern in Straßenbahnen und Stadtbussen stehen, sollte uns eigentlich klar werden, wie sehr wir uns in dieser langen Nacht vom letzten Tag des alten zum ersten Tag des neuen Jahres, belügen.
Nichts hat sich geändert und nichts wird sich ändern.
Wir gießen Blei und suchen nach einem Sinn in den skurril erstarrten Figuren. Da ist kein Sinn.
Wir belügen uns, weil wir Hoffnung suchen, wo keine Hoffnung ist.

In seiner Kellerbude ist es kalt. Er hat einen langen Schal um seinen dünnen Hals geschlungen.
Er kann kaum den Schreiber halten in den kältesteifen Fingern und doch schreibt er, oder besser, er versucht es.
Schwaden dicken, grauen Rauches hängen im Zimmer.
Der Aschenbecher ist übervoll und ihm fällt nichts Kluges ein, von dem es lohnte zu schreiben.
Er hat alles so satt, fühlt sich so verdammt unfertig.
Unsicherheit und Inkonsequenz hemmen ihn oft das zu tun, was eigentlich getan werden müsste.
Er schreibt:

Jeder Impuls, den wir zu unterdrücken suchen, lagert
sich in unsrer Seele ab und vergiftet sie. Der einzige
Weg sich einer Versuchung zu entledigen ist, ihr
nachzugeben. Widerstehen wir ihr, und unsere Seele wird
krank vor Sehnsucht.

Seine Seele ist krank. Er ist so mutlos.

Gevatter Sensenmann

Komm Gevatter Sensenmann,
Komm und nimm Dich meiner an
Mach mich frei von dieser Hast,
Mach mich frei von dieser Last
Die ich nicht mehr tragen kann
Komm und nimm Dich meiner an
Komm Gevatter Sensenmann

Komm doch hol mich bitte leis
nicht, dass ich’s vorher schon weiß.
Nicht, dass ich’s mir überleg,
wenn wir schon auf halbem Weg.
Dass ich’s leicht ertragen kann.
Komm und nimm Dich meiner an
Komm Gevatter Sensenmann

4. Februar

Die Musikbox, in die ich mein letztes Geld warf, zerbrach die Platte und machte mir mein Lieblingslied kaputt.
Musikboxen haben kein Herz, doch ich lache mir die Tränen fort.

Helle, klare Tage. Er kommt langsam wieder in Form. Das Zimmer ist warm und ein paar Gedichte geschrieben.
Gedichte, die keiner lesen will, aber immerhin, er fühlt sich besser.
Man darf nur nicht so viel nachdenken.

Er hat jetzt angefangen seine Gedichte zu vertonen und spielt sie mir vor, wenn wir uns am Abend in Ottos
Wohnung treffen. Wir denken an nichts, singen.

Wenn man doch immer so singen könnte. Singen, lachen, trinken und wieder singen.
Sich die Sorgen von der Leber singen.

Mein Herz

Mein Herz das läuft oft über
und das schreib ich dann auf.
Ich mach dann meine Lieder,
mit dem was läuft zu Hauf

Mein Herz das läuft oft über
in Liebe und im Hass
Und viele meiner Lieder
sind gebadet in diesem Nass

Mein Herz das muss oft weinen
Mein Herz es lacht auch gern
Mein Herz oft wird es fliegen
hinauf bis zum höchsten Stern

Und wollen Eure Herzen
wie meines es gern tun,
dann lasst uns Lieder singen.
Ihr werdet hören,
wie Eure Herzen mitklingen

Im Pfirsichbaum

Im Pfirsichbaum hängt lüstern
ein gelber Mond aus Papier.
Die Fete schmeckt nach Asche
und nach schalem Bier.
Die Mädchen sind aus Plastik.
Ihr Lächeln drängt und treibt
und man fragt sich benommen,
warum man denn noch bleibt.

Refr.:
Da liebt man sich im Brombeerstrauch
den Hintern nackt im Moos.
Kein Feuer nur ein kalter Rauch
presst sich in manchen Schoß.

Es liegt was in der Luft,
das riecht nach Hast und Liebeleien.
In der Ferne hört man leis
die Großstadt schreien.
Der Schnaps steigt in den Kopf
und macht die Lenden heiß.
Man nimmt sich ein Mädchen,
deren Namen man nicht weiß.

Die Gläser leer. Der Mond ist müd.
Die ersten geh ‘n nach Haus.
Und streichen was gewesen ist,
in ihren Köpfen aus.
So saugt man sich begierig
an jedes Stückchen Glück
und kommt ihm doch nicht näher.
Nicht mal ein kleines Stück.

20. Februar

Manchmal trinken wir viel Bier.
Am Tag die Arbeit an der Presse. Schwere Arbeit.
Am Abend Bier und Diskussionen und in der Nacht schreibt er Gedichte oder an seinem Tagebuch.
Er behauptet, er sei faul.

Die Faschingszeit geht an. Die Menschen tun lustig und küssen sich.
Ein herrliches Spiel. Am Abend hat man einen schweren Kopf und geht nicht allein zu Bett.
So wie er heute Abend.

Ein nettes Mädchen, zauberhaftes Lächeln, kleine, runde, feste Brüste.
Er zwingt sich zu Albernheiten, obwohl seine Hände zittern und er müde ist.
Das Mädchen, es hat keinen Namen, sieht ihn an und nichts geht.
Vielleicht hat er Angst ihrer Erwartung nicht gerecht zu werden.
Er schickt sie nach Hause und versucht zu schreiben.
Einziger Satz auf dem Papier:

Auf morgen dann! Scheiße!

4. März

Der Frühling will kommen. Man spürt’s in allen Knochen.
Die Sonne, die jetzt höher steht, leckt am Schnee, der schmutziggelb noch in den Straßen liegt.
Seine Stiefel sind im Arsch und die Füße nass, aber das nimmt er in Kauf für den Frühling.

Frühling

Von Kälte steif, eben noch, fühle ich das Eis schmelzen.
Mein Herz schreit nach Liebe. Mir juckt das Fell.

Lass mich eingehen in Dich. Lass Dich nehmen und nimm mich gut auf
Ich bin es wert.

Tue Dich auf, klaffendes, feucht funkelndes, fleisches Tal der Wonne
Lass mich fliegen.

Frühlingslied 1

Es liegt, es liegt, es liegt, es liegt,
es liegt was in der Luft.
Es steigt der Saft und man spürt des Frühlings Duft.

Frau Meier von nebenan nun wieder singt,
weil der Mann ihr endlich wieder Freude bringt.
Im Park auf den Bänken geht es wieder scharf und
mancher fragt sich ob er das auf Bänken denn darf.

Im Kopf da bin ich schon ganz wirsch.
Ich zieh mich an und gehe auf die Pirsch.
So manches junge Rehkitz nehme ich auf mein Korn
und hab ich getroffen stoße ich in das Horn.

Und das Frühling und Sonne uns den Sommer bringen,
lasst uns noch einmal gemeinsam singen.

Es liegt, es liegt was in der Luft.

Mädchen, komm an meine Quelle

Mädchen, komm an meine Quelle
Trink Dich frisch und trink Dich schön,
fass in die Silberbrückenwelle
Mach Dich stark, dann lass uns gehen.

Komm den Bach hinab der fließt
Und wenn er sich in Dir ergießt
bis er Dir aus den Lenden bricht,
dann komme Liebste frage nicht.

Mädchen, komm an meine Quelle,
trink die Liebe in Dich rein.
Lass Dich küssen, küsse mich
und las uns trunken sein.

10. März

Endlich! Endlich mag er gedacht haben. Andrea war bei ihm.
Er hat lange reden müssen, bis sie kam.
Er wollte ihr seine Gedichte vorlesen und sie ihm ihre Zeichnungen zeigen.

Sie hat seine Gedichte nie gehört und er ihre Zeichnungen nie gesehen.
Es war ein schöner Abend und eine Nacht wie Seide.
Sie wollte es so und er natürlich auch.
Er war hungrig auf sie, doch er liebt sie nicht.

Der Regen bei dir

Der Regen bei Dir, ist derselbe wie hier.
Der Wind der Dich streichelt,
berührt auch mich.
Auf Deiner Erde geh auch ich
Dein Himmel ist auch mein.

Lass Dich küssen von der Sonne,
sie küsst auch mich.
In jeder Blume ist Dein Duft
auf jeder Wiese seh ich Dich
In jedem Traum Dein Bild.

Wär ich der Regen, der Wind, die Sonne
wär ich das Gras und die Erde.
Ich könnte bei Dir sein
Dich küssen und umschmiegen.
Doch besser ich bin ich und kann Dich lieben

16. März

Andrea ist am Morgen gegangen. Er begleitete sie nicht.
Ja, er stand nicht einmal auf. Sah nur vom Bett aus zu wie sie sich anzog.
Er hatte einen schlechten Geschmack im Mund.
Es ist ein sonderbarer Anblick, wenn eine Frau, die man nicht liebt, sich am Morgen danach anzieht.

Mein Bett

Mein Bett kann ein Lied von der Liebe singen,
Kann machen, dass seine alten Federn klingen.
Es kann so laut singen, dass die Nachbarn es hören.
Kann sie in ihrer Nachtruhe stören.

So kommt es, dass wenn sie mich im Treppenhaus grüßen
sie mich anschauen, so vom Kopf bis zu den Füßen
und dann vielleicht beim Anblick ihrer alten Betten
die Zeit gern noch einmal zurückgedreht hätten.

Darum liebe ich weiter und mein Bett singt dabei,
denn verlorene Zeit ist vertan und vorbei.

28. März

Andrea war wieder bei ihm.

Es schmeichelt seiner Eitelkeit, dass sie ihn gern hat.
Obwohl er nicht weiß, was es an ihm eigentlich gern zu haben gibt.
Sie haben Tee getrunken und Musik gehört.

Dann hat er sie nach Hause geschickt. Er liebt sie nicht. Selbst wenn er es würde, hätte das alles keine Zukunft.
Er hat nicht den Mut, mit dem zu brechen, was ihn umgibt. Seiner Frau, seiner Tochter.

Auch wenn sie im Augenblick in einer anderen Stadt leben.
Er will es nicht, obwohl es Momente gibt, in denen er es hasst, eine Verpflichtung ihnen gegenüber zu empfinden.

Das Leben ist nicht moralisch. Wer will denn bestimmen, wo Moral aufhört und Unmoral beginnt.
Wer will bestimmen, was Moral ist.
Auf all diese Sprüche, sagt er, ist geschissen.
Es gibt sicher eine Moral, eine persönliche, die jeder für sich selbst bestimmen muss.
Die sogenannte gesellschaftliche Moral ist durch Normen und Gesetze festgelegt, die er nicht bereit ist anzuerkennen.
Er meint, diese Moral kommt nicht aus den Menschen selbst, nicht aus ihrem Inneren, sondern wird von außen auferlegt.

Er liebt seine Frau, wahrscheinlich hat er Andrea deshalb weggeschickt, obwohl er gern wieder mit ihr geschlafen hätte.
Oder er hat Angst, durch sie zu erkennen, dass er sich etwas vormacht. Er sagt, er weiß es nicht.

Er steht vor ihrem Haus 1

Er steht vor ihrem Haus
und traut sich nicht zu klopfen.
Der Regen macht ihn mutlos, leer,
so schwer sind seine Tropfen.

Er sieht ihre Fenster
und hinter den Gardinen kein Licht.
Nur so weit jetzt zu klopfen
reicht sein Mut doch nicht.

Noch eine Zigarette.
Die Kirchturmglocke lacht.
Von fern her schreit ein Zug
Und er steht ratlos in der Nacht.

Du armer Junge wenn Du wüsstest,
dass ich bei Deinem Mädchen bin.
Wir stehen hinter den Gardinen
und sehen traurig zu Dir hin.

Wieg mich ein

Wieg mich ein
ganz müde will ich sein.
Doch träume ich zu fest,
dann lach
und küss mich wach.

Wie mich ein
sing mich müd und froh.
Doch schlaf ich von uns weg.
Dann
küss mich bitte wach.

10. April

Ich war mit ihm an der Elbe und er erzählt mir einen Traum,
den ich nicht deuten kann. Er sagt:

Es war eine lange Nacht und ich lag im Dunkel, starr und steif, unfähig mich zu bewegen.
Musste zusehen, wie Männer in grauen Anzügen und ausdruckslos, freundlichen Gesichtern,
meine Freundinnen vergewaltigten und den Freunden die darob schrien, Pflaster aufs Maul klebten.
Man schob mich an’s Bett gefesselt in ein helles weißes Zimmer und ein kluger Arzt mit dunkler Brille,
entfernte mein Hirn.
Er arbeitete schnell und gut, völlig schmerzfrei.
Ich bedankte mich bei ihm und ging zufrieden und glücklich an den weinenden und stummen Freunden vorbei
in einen herrlichen Sommertag.

Es ist ein schöner Tag. Wir sitzen an der Elbe,
den Geruch von Chemie, Kloake und frischem Gras in den Nasen. Gut, dass es noch solche Tage gibt.
Sie sind wie hungrige Mädchen, auf eine angenehme Art heiß.
Es ist als hätte die Natur den Frühling übersprungen,
um uns schon im April mit dem Sommer zu überraschen.
Aber es ist noch Frühling.

Frühlingslied 2

Hab vom Schnee so satt, den Frühling in den Knochen.
Spür das befreite Blut bis in den Schädel pochen.

Ein warmer Wind fährt mir unter’s Hemd
Ich will von der Stell‘. Mir juckt das Fell

Die Erde dampft, man kann sie riechen
Ich werf die Krücken fort will nicht mehr kriechen

Ein warmer Wind fährt mir unters Hemd
Ich will von der Stell‘. Mir juckt das Fell

Komm, komm, komm auch Dir juckt das Fell
Komm, komm, komm ich weiß es komm schnell
Komm, komm, komm es ist nicht Zeit zu schwatzen
wenn es juckt muss man kratzen.

Der Frühling wird kommen und wird mit seinem Licht
Eis und Schnee nehmen nur meine Sorgen nicht.

Ein warmer Wind fährt mir ins Gesicht
Kann ich von der Stell‘? Ich weiß es nicht.

22. April

Er hat Urlaub und meint, den ganzen Tag im Kaffeehaus sitzen zu müssen. Na gut, ich spiele mit.
Er trinkt Kaffee und erfindet geistreiche Sprüche wie:

Indem du homosexuell wirst, löst du dein Problem nicht, es stellt sich nur anders dar.

Es ist gut für Häuser auf einem festen Boden mit einem festen Fundament zu stehen.
Nur ist der Turm zu Pisa sicher sehr zufrieden, auch ohne das. Er wird geachtet, ist berühmt.

Legt man jemanden an die Kette, reizt man seine Phantasie und muss sich nicht wundern, wenn er darauf sinnt sie
loszuwerden.

Ich muss mir das anhören und zusehen, wie er sich eine Koffeinvergiftung holt.
Dennoch wir lieben es im Kaffee zu sitzen und dumm, oder auch klug daherzureden.

An alle Kaffees

Buchmendel sitzt und liest wieder
Ich bin ganz still und setze mich an seinen Tisch.
Gegenüber sitzt
Leonhardt Frank
und schreibt:
Links wo das Herz ist
Oder war es die Kaffeekanne?
Der olle Strauß
auch so einer
An der schönen, grauen Elbe

Alle gedopt mit Koffein
München – Wien – Berlin
Alle Kaffees der Welt.
Ich bin ganz still
nur:

Arbeiten kann ich hier nicht.
Das ist vorbei.

Gespräch im Kaffee (in breitem sächsisch)

Also Frau Schulze ich bin sehr verstimmt
wie sich die Frau Meier benimmt.
Die kommt doch schon wieder mit ’nem andren Mann.
Dabei sieht man der die 70 Jahre doch an.

Die hat ja oben nur noch vier Zähne
und Füße so groß wie Elbekähne.
Nein, ich kann das nicht verstehen,
wie soll denn das nur weitergehen.

Sie haben völlig recht meine liebe Frau Glimmer.
Mit der Meiern, das wird ja immer schlimmer.
Der Mann ist auch viel zu jung für die Frau.
Ich weiß was ich sage, ich kenn den genau.

Er ist vor kurzem erst 68 geworden.
Genau wie wir beide, ich könnt die Meiern ermorden.
Ein Glück, dass wir uns so gut verstehen
ich werd mal rüber zur Meiern gehen.

Bis morgen meine Gutste. Auf wiedersehen.

Im Kaffee Leben

Man sitzt
und trinkt
wartet
nichts passiert,
ab und zu kommt jemand – kassiert.

Jeder sitzt für sich allein
kippt was er bekommt in sich hinein
jeder lebt für sich allein.

1. Mai

Wenn doch in all dem mehr Ehrlichkeit wär.
Man geht demonstrieren, die Humpen klingen
und es riecht nach Bratwurst und langen Reden.
Es ist erster Mai.

Er hat Angst. Eine fürchterliche, ihn nachts nicht
schlafen lassende Angst und er ist wütend, weil so
wenige Menschen, wie er meint, diese Angst mit ihm
teilen. Es ist die Angst vor einem Krieg. Einem Krieg,
den keiner überleben würde.

Er schreibt in sein Tagebuch:

Warum? Warum sind die Menschen so. Haben wir denn nichts gelernt? Werden wir nie etwas lernen?
Keiner will Krieg, aber nur wenige sagen es und noch weniger tun etwas dafür. I
ch hasse jeden, der sagt: Das interessiert mich nicht. Ich hasse ihn mit allen meinen Fasern.
Es wäre auch schade um diesen herrlichen Mai.
Diesen herrlichen Humpen-Bratwurstmai.

Neutron

Der General in seinem Jeep,
am Dorfrand steigt er aus.
Das Dorf ist leer und nichts zu sehn,
kein Mann, kein Hund, keine Maus.
Die Häuser stehen friedlich still,
die Eiche rauscht und raunt,
gute Arbeit denkt der General
und ist selbst sehr erstaunt.

Refr.
Die Häuser heil, die Menschen tot,
das ist der gute Ton
der ganz besonders saub’re Krieg,
das macht Neutron, Neutron.

Ein Schornstein raucht, es riecht nach Kohl
und würden sie noch leben
hätt’s den mit grünen Klößen heut,
zum Mittagbrot gegeben
Ein Pärchen hat’s im Bett erwischt,
Soldaten witzeln und lachen
Und der General als gebildeter Mensch
befiehlt das Licht auszumachen.

Die Kinder auf dem Spielplatz fielen
wie Pflaumen vom Rutschelefant
und liegen jetzt als schliefen sie,
im honiggelben Sand
Aus einem Haus am Ende der Straße
hört man Radiomusik.
Der General denkt und ist beglückt:
Welch historischer Augenblick.

Dem General in seinem Jeep
ist’s um die Menschen nicht leid
außerdem muss er zum nächsten Dorf
und hat keine Zeit, keine Zeit.
Auch dort hält er wieder am Dorfrand an,
sieht wieder das gleiche Bild.
Welch große, genial saubere Waffe,
denkt er und lächelt mild.

3. Mai

Die Kinder sollten uns daran erinnern, dass wir eine Verantwortung für sie haben.
Sind wir denn so gottverdammt blind, dass wir diese riesige Gefahr nicht sehen?

Als im Jahre 5000 ein Maulwurf aus der Erde rausguckte, da stellte er beruhigt fest:
Die Bäume sind immer noch Bäume
Die Krähen krächzen noch
Und die Hunde heben immer noch ihr Bein
Die Stinte und die Sterne
Das Moos und das Meer
Und die Mücken.
Sie sind alle dieselben geblieben
Und manchmal –
Manchmal trifft man einen Menschen

(W. Borchert)

Antikriegslied

Ich hab von meinen Tagen, ein drittel erst gesehen
Ich will nicht vor der Zeit, vor meiner Zeit abgehen

Sie schlagen sich auf ihre Köpfe,
um Dinge die ich gar nicht will,
und drückt man auf die roten Knöpfe,
wird’s auf der Erde laut, dann still.
Man jagt in die Gehirne,
die Phrasen, die man sich baut
bis sich’s in jeder Stirne
kriegslüstern lustig staut.

Keine Stunde will ich geben,
dem stinkend, schmutzig gelben Rauch
Ich will noch etwas leben
und Kinder will ich auch.
Von denen will ich was haben,
die will ich wachsen sehn
mit denen will ich spielen
und in den Tierpark gehen.

Sie lässt sich kaum beschreiben,
die Angst, die in mir ist
ich will noch etwas bleiben
und kämpf um diese Frist.
Ich würd auch nicht gern sterben
am Tabak oder Wein
Doch lieber will ich so,
als am Krieg gestorben sein.

Kinder

Die Kinder sollten uns daran erinnern.
Vielleicht haben wir unsren Teil vom Leben gehabt.
Sie nicht.

Paul

Der Paul schreibt an die Hauswand:
Eins plus eins gleich drei.
Ich sag: Das ist nicht richtig!
Es muss doch heißen: zwei!

Da lacht der Paul mich an
und sagt: es bleibt dabei.
Eine Mami und ein Papi
ergibt am Ende: Drei!

Das Ni Na Ni Na Nashorn

Das Ni Na Ni Na Nashorn
Das Ni Na Ni Na Nashorn
Das Nashorn hat ein Horn.
Das hat es ganz weit vorn
auf dem großen Maul.
Das Nashorn ist auch faul.

Drum sieht man es meist grasen
und niemals hört man’s blasen
auf seinem ganz weit vorn
fest angebrachten Horn.

Das Nashorn ist sehr schwer.
Das kommt wohl davon her,
dass es sehr langsam geht,
meist liegt und selten steht.

Des Nashorns kleine Augen
nicht all zu ville taugen.
Es kann nicht sehr weit gucken,
viel weiter kann es spucken.

So lässt es sich leicht fangen
mit Strippen und mit Stangen.
Kommt in den Käfig rein.
Ich möcht kein Nashorn sein.

5. Juni

Mutter’s Geburtstag.

Mein Gott Mutter,
warum warst Du so unbarmherzig
und Vater, warum warst Du so voll Gier?
Ihr ließet Eure Liebe sterben,
wie ein weidwundes Tier.

1
Vater, oh Du Treuebrecher
Mädchenschänder Du.
Der Stau von Blut, die Sucht nach Lust
ließen Dir keine Ruh.
Freilich jeder Schnaps schmeckt anders.
Brennt anders durch den Kropf.
Doch hat man dann am nächsten Morgen meist,
den immer gleichen schweren Kopf.

2
Mutter, oh Du Racheengel.
Eifersucht ist ein Stück Dreck.
Die wischt Dir die Gerechtigkeit,
die wischt Dir Deine Liebe weg.
Ich höre Dich noch schreien,
mit dieser Eifersucht im Leib:
Geh doch Du alter Hurenbock!
Geh doch zu Deinem Hurenweib!

3
Es dampfte aus jedem Blick der Hass.
Ein Babel zu Euren Füßen.
Die Worte – ach, so missverstanden.
Wir Kinder mussten’s büßen.
Und flennend lagt Ihr mir im Arm
Ein wenig tat’s Euch weh.
Ihr wart nicht mehr zu retten.
Erfroren Eure Lieb im Schnee.

Mutter

Sie tut ihm leid, seine Mutter. Vom Mann getrennt und von den Söhnen, sagt sie ihm an diesem Tag, dass sie
viel falsch gemacht hätte und er solle es besser machen. Nur wie er es besser machen soll, kann sie ihm
nicht sagen. Das konnte sie noch nie.

Er schreibt:

Tut mir leid, Mutter, aber ich bin im Begriff es Dir nachzutun.
Das wird er ihr natürlich nicht sagen. Es würde ihr wehtun. Also lächelt er und erzählt ihr wie gut es ihm geht.
Wie glücklich er ist. Ein Verlogenes Geburtstagsgeschenk, aber sie freut sich.
Am Abend trägt er ihr sein Gedicht von Kathrin vor. Eine Geschichte, die sie ihm erzählte, als er noch ein
kleiner Junge war und er sie fragte, ob Kinderkriegen weh tut.
Ein sentimentales Geschichtchen, aber seine Mutter findet es schön und schimpft, weil er seine Gedichte nicht veröffentlicht.
(Als ob das so einfach wär) Sie weint. Ihm macht das Mut, den er brauchen kann.

Er liebt seine Mutter.

Kathrin

Ein Mädchen auf der Wanderschaft,
der Weg ist lang, der Weg ist schwer.
So, dass sie’s kaum ertragen kann,
sie hat nicht mal ’nen Mantel an
Und’s Kind in ihrem Bauch, es drückt sie sehr.

An jedem Haus da klopft sie an,
doch niemand lässt das Mädchen ein.
Vor dem Bauch schlagen ihr die Türen zu,
verschwinde Hur‘ las uns in Ruh.
Die Herzen der Menschen sind aus Stein

Refr.
Kathrin bist eine Hur‘, ein Kind und keinen Mann
Kathrin bist eine Hur‘, lässt jeden an Dich ran
Kathrin bist eine Hur‘, für Dich ist hier kein Platz im Ort
Kathrin bist eine Hur‘, nimm Dein Bündel und scher‘ Dich fort

Die Nacht sie hängt wie Samt sich vor
die Sonne und der Tag wird alt,
Der Nebel liegt wie frischer Schnee
schwer auf dem zugefrorenen See
und es ist kalt.

Es ist kein frohes Liebeslied,
das jetzt in Kält‘ zu Ende geht.
Der Schnee ist meistens mitleidlos
legt sich auf ihren bloßen Schoß,
und hat die Töne drin verweht.

So presst sie sich ihr Kindlein ab,
vom Schoß hinaus in’s weiße Grab
Und weint als sie getrennt nun sind:
Vielleicht ist’s besser so mein Kind,
weil ich kein Leben für Dich hab.

Man hat es ihr nicht glauben wollen,
als sie sagte ’s Kind sei erfror’n
und gibt ihr als Antwort nur,
erst sei sie zur Hur‘
und dann zur Mörderin gewor’n
Und wieder ist Schnee gefallen.
Man schneidet ihr die Haare ab
und führt sie auf’s Gerüst,
wo sie das Kreuz noch einmal küsst.
Der Richter bricht den Stab.

Der Henker legt sie auf den Block.
Die Leute gaffen, gleich ist’s so weit.
Sie schreit: Ich hab’s nicht umgebracht
das hat der Winterwind gemacht
und Eure Mitleidlosigkeit.

25. Juni

Frau Sander ist tot. Frau Sander ist, nein, war seine Nachbarin.
In den letzten Wochen, so hört er im Haus hat sie sich nicht mehr waschen können und die Wohnung
soll gestunken haben wie ein „Schweinestall“.
Sie hat in die Küche gemacht – keiner hat es aufgewischt. Keiner hat ihre bepissten Bettlaken gewechselt.
Sie hatte ja niemanden – nur ihn und er war nicht da. Es ist kaum vorstellbar, sie konnte Unordnung nicht ausstehen.
Zwei oder drei Tage später hat man sie gefunden. Sie ist im Bett gestorben.

Er schreibt ins Tagebuch:

Was soll sein. Er kommt und nimmt uns mit ohne zu fragen,
ob es uns gefällt oder nicht.
Nur wie er kommt, ob laut oder leise, ob im Schlaf
oder mit Schmerzen, das weiß man vorher nicht.
Das ist es auch, wovor ich Angst habe.
Vorm Vergessenwerden hab ich auch Angst.
Ich glaube, jeder möchte, dass etwas von ihm bleibt.

Seit diesem 25. Juni gehen er und ich oft auf den
Friedhof. Hier ist Ruhe. Wir rechnen das Alter der
Leute aus die hier liegen, freuen uns wenn sie alt
geworden sind und trauern beim Anblick von Kindergräbern.
Wir lieben die Ruhe auf den Friedhöfen.
Diese herrliche, grauenvolle Ruhe.

Betrogene Hoffnung

Als ich noch Kind,
und offen war für alles,
wollte ich die Welt
in den Taschen meiner Spielhosen
mit nach Hause nehmen.
Doch immer
war es nur
eine kleine Welt.
Steine,
eine Muschel,
Tannenzapfen.
Ich sammelte Stück für Stück meiner Welt.
Heute finde ich von Zeit zu Zeit
einen Stein
zwischen meinen alten Sachen
und
werfe ihn achtlos beiseite.

Sie ist ein Kind

Sie lebt einsam, in einem Garten,
einem Garten der Phantasie.
Sie ist ein Kind noch in ihren Wünschen.
Ein Kind noch wenn sie träumt.

Und wir sehen schon die Frau in ihr,
ihren Körper, ihren roten Mund.
Wollen sie nehmen, wenn wir betrunken sind,
doch sie ist ein Kind noch, ein großes Kind.

Wenn ein wenig vom Kind in uns noch wär.
Von der Zeit in der man Knallfrösche baut.
In der man die Mädchen an den Zöpfen zieht
und neugierig zu den Liebenden sieht.

Wir würden sicher dann manches besser verstehen
mit den Augen der Kinder gesehen.
Wenn ein wenig Kind noch in uns wär.
Gebt eure Kindheit nicht so schnell her.

Altwerden 4

Krumm,
wie ein vom Sturm geknickter Baum.
Eine Hand auf dem Rücken.
Mit der anderen – zitternd
tastend
sich stützend
auf Tisch und Stühle,
geht er zu seinem Platz im Kaffeehaus.
Sein Platz.
Jeden Tag eine Tasse Kaffee, seine Zeitung.

Die Kellner sagen Opa

Arbeitsschuhe,
kein Hemd
nur eine alte Jacke auf dem ausgefransten,
alten Körper,
Arbeitshose. – Jeden Tag
Ich mag ihn mit seiner Tasse Kaffee, seiner Zeitung.
Heute:
Vermisst.
Er war nicht da.
Morgen?
Vielleicht…
Nein – ich bin sicher,
Nie wieder der Alte,
mit seiner Tasse Kaffee und seiner Zeitung.

3. Juli

Man könnte Kannen füllen mit dem Schweiß dieser heißen Tage.
Die Limonaden schmecken nach nichts.
Das Eis ist teuer und Liebe nächtens Schwerstarbeit

Alles klebt

die Kleidung am Körper der Schuh am Asphalt
und der Staub in den Poren

Der Geist macht Urlaub und räkelt sich im Schatten dummer Sonnenblumen,
die noch grün auf besseres Wetter warten.
Man liebt wieder mehr mit dem Verstand als mit dem Geschlecht.
Zweiteres ist halt anstrengend.

Es ist Sommer

Der Wind im Apfelbaum

Der Wind, er sitzt im Apfelbaum
und erzählt uns ein Märchen.
Ich schwebe zwischen Sein und Traum
Vom Himmel lacht uns Klärchen.

Du liegst sanft neben mich gestreckt
und wartest, dass ich was tu.
Ich hab über mir einen Apfel entdeckt.
Ich habe Hunger und Du,
und der Wind sah zu,
er war gespannt, was ich wohl als erstes tu.

Wind, Wind laufe zu, lass mich in Ruh
Wind, Wind ich will Dich nicht fangen
ich bin auch sicher nicht so schnell wie Du.

Ich griff zuerst nach dem Äpfelchen
und ließ Dich links liegen.
Mir war, da Klärchen vom Himmel schrie
ganz schön was in den Kopf gestiegen.

Ich biss deshalb auch herzhaft in die Frucht
und als ich sie zur Hälfte gegessen
warst Du schon lange auf der Flucht,
ein Frosch sah mich an,
machte quak und sprang,
von dort fort, wo ich zuerst gesessen.

Mein Lied das hat auch eine Moral,
mehr für jene die gern schlafen und essen.
Hast Du zwischen Weib und Appel die Wahl,
greif zuerst zum Weib, sonst hast Du sie,
die allerlängste Zeit besessen.

Wind, Wind laufe zu, ich werde Dich schon fangen.
Wind, Wind laufe zu, ich lass Dir keine Ruh
lauf, lauf, ich werde Dich fangen
Ich bin viel schneller,
sicher viel schneller als Du.

Und … (noch 3. Juli)

Er war bei einer Frau, deren Namen er nicht kennt,
nicht einmal kennen will.
Er hat bei solchen Unternehmungen bisher immer Schwein gehabt.
Er geht nicht gern zum Arzt.
Sie sind zeitig aufgestanden und er ist gegangen.
Ihr Mann hatte Nachtschicht.

Er steht vor ihrem Haus 2

Er steht vor ihrem Haus, und sie liegt noch im Bett.
Es war ein schöner Abend, er fand sie wirklich nett.

Und als sie ihm dann sagte, sie wäre nicht gern allein,
kam er mit auf ihr Zimmer. Es musste wohl so sein.

Jetzt steht er auf der Straße im grauen Morgenlicht
und Wind speit Regen in sein müdes Gesicht

Er geht seinen Weg und dreht sich nicht zurück
Sie steht vielleicht am Fenster und sieht ihm nach ein Stück

Es bleibt von solchen Nächten mehr als ein Kitzel nicht.
Zuerst vergisst man den Namen und später das Gesicht.

10. Juli

Ich wollte Dir ein Liebeslied schreiben.

Ich wollte Dir ein Liebeslied schreiben.
Dir es schenken heut zur Nacht
Wollte Dir so viel sagen und Dich fragen,
ob meine Liebe Dich glücklich macht.

Ich wollte Dir ein Liebeslied schreiben.
Ohne die alten Lügen.
Doch ich hab’s nicht fertiggebracht
Ich hab zu viel drüber nachgedacht
und das Mädchen,
das hat mich ängstlich gemacht.

Ein trauriger Tag

Ein trauriger Tag. Sein Tagebuch schreit von Streit,
Lieblosigkeit, Schweigen und Angst.
In Worte gefasste Unfassbarkeiten.
In freie Rhythmen gepresste Unfreiheit.

Das Tagebuch schreit:

Ich glaube, ich liebe meine Frau nicht mehr.
Ich habe mich eingereiht in die Kolonne der Zwerge, die glitzeräugig stumm auf besseres Wetter warten.
Nur noch Pflichten. Pflicht am Tag, Pflicht in der Nacht.
Die wahren, schönen Wonnetiere sind gestorben.
Das Herz geht wandern und schaut nach Gelegenheiten aus.
Ich weiß nicht, wo das enden soll.

Ein gelber Feuerreigen

Ein gelber Feuerreigen von Missgunst voll und Hass.
Aus Eitelkeit und Schweigen, Streit und bösem Spaß,
verbrennt die vielen Geigen, die gestern noch mit singen,
für uns im Himmel hingen.

Gestohlen uns die Tage, gestohlen uns die Nacht
Verbrannt im Alltagsfeuer das Kartenhaus zerkracht.
Gestohlen uns die Liebe, gestohlen uns der Mut.
Verbrannt ist unsre Hoffnung. Es wird nicht wieder gut.

Das Konzert, es ist zu Ende. Zerklang mit einem Ton,
in dem Verzweiflung schwingt und bitterkalter Hohn.
Die Musiker gehn heim, die Händ‘ vom Spiel noch steif
und von den Sternen fällt der erste weiße Reif.

Wie ausgepresste Schwämme liegen unsre Seelen
aufs Parkett gespuckt. Nur Tränen fehlen.
Die sind längst weggeweint. Der ewig gleiche Streit
hat sie fort gespült mit der Zeit, der Zeit.

Dein Lachen, das schmeckt bitter. Mein Schreien das verhallt.
In fensterlosen Zimmern ist es meistens kalt.
Die Wonnetiere sind gestorben, die einst nass geschwitzten Betten trocken,
weil dunkeltrübe Schatten jetzt nachts in ihnen hocken.

Wir packen unsre Koffer. Packen sie wieder aus.
Du willst gehen, ich will gehen und doch kommt keiner raus.
So quälen wir uns weiter, trotz Lieblosigkeit und Schweigen
Missgunst, Streit und Hass. Trotz der zerbroch’nen Geigen.

Turmbau zu Babel

Es trafen sich zwei die schlugen in Stein
für immer und ewig ihre Liebe ein

Da sollte es stehen bis zum jüngsten Tag
hart eingemeißelt, dass einer den anderen mag.

Doch fanden sie schon im siebten Jahr
nicht mehr die rechten Worte.
Sie konnten sich nicht mehr verstehen
und fanden sie müssten auseinandergehen.

Er schlug sie und sie spie ihm ins Gesicht
Sie schrien sich an doch verstanden sich nicht.

Sie wussten nicht die Gründe dafür.
Er ging und sie schlug hinter ihm zu die Tür.

1. August

Er hat erfahren, dass Andrea schwanger war. Schwanger von ihm.
Sie hat sich’s nehmen lassen und er war eigentlich ganz froh.
Später schreibt er in sein Tagebuch:

Sie haben sie ausgeschabt. Das Kind aus ihrem Schoß gerissen, wo es warm war.
Warm und doch so verdammt unsicher.

Sie war froh und er auch. Eine Woche später soffen sie Sekt darauf.
Soffen sich wieder heiß fürs Bett. Das Kind liegt im Abfalleimer.
Es ist schon gut so, man darf nur nicht daran denken.

Klein Fritz

Klein Fritz geht gern spazieren, mit der Mutter an der Hand.
In den Tierpark zu den Tieren. In den Tierpark zu den Tieren.

Klein Fritz geht gern spazieren und er hält sich an der Mutter fest.
Damit sie sich nicht verlieren, im Tierpark bei den Tieren.
Im Tierpark bei den Tieren.

Klein Fritz geht gern spazieren mit der Mutter an der Hand.
Und lässt sie ihn mal los. geht er eben auf allen Vieren.
Im Tierpark bei den Tieren. Im Tierpark bei den Tieren.

Kinder malen

Kinder malen die Sonne gelb
Malen ihr Augen und Mund
Malen den Schornstein schräg auf das Haus
Und hat der Ball Ecken,
dass macht gar nichts aus.
Die Wiese wird blau
und das Pferd ist bunt.
Na und ?

Kinder malen wie sie die Welt verstehen
Sie ist bunt lustig und rund
Na und ?

Ich hab’s verlernt, die Welt so zu sehn.

20. August

Frau S. er hat da ein Gedicht für sie geschrieben.
Erinnern sie sich an den Kuss? Er mag sie.
Keine Angst, er mag sie ganz im Stillen.
Er schläft vielleicht auch mit ihnen,
wenn er an seiner Presse steht.
In Gedanken freilich. Sein Tagebuch weiß es, sonst niemand.

Erinnern sie sich an den Abend,
als sie ihn auf die Wange küssten.
Liebe Frau S.

Der Kuss

Ich falle wie im Traum,
wie zwischen Schlaf und Wachen.
Hör meine Freunde sagen,
ich soll mir nichts draus machen
und, dass er nichts bedeuten muss
ihr flüchtiger Kuss.

Doch seit dem Tag als sie mich küsste,
macht der Gedanke mich verrückt,
es war für sie halt nur ein Kuss
so wie man Feldblumen pflückt
Sich nichts dabei denkt
und sie verschenkt.

Ich weiß ich bin ein Narr
so ein Kuss hat kein Gewicht.
Sie hat sich ja nichts dabei gedacht
und küsste mir mein Gesicht.
Vielleicht weil sie’s nicht kennt,
wie so ein Kuss manchmal brennt.

Nun gut ich werde ihn vergessen.
Deinen Kuss, doch hör mir zu.
Ich schrieb Dir dieses Lied,
denn Du nahmst mir die Ruh.
Obwohl er nichts bedeuten muss.
Der flüchtige Kuss.

Mein Herz

Elender Bettler
Lausbub
Egoist
Vielleicht auch Betrüger
Ruhestörer
Moralist
Rasendwildklopfer
Träumer
Impressionist

Ist mein Herz
wenn Du nicht bei mir bist.

10. September

Ein Goldherbst. Er ist froh und stellt lauter Blödsinn an.
Wir setzen dem ollen Goethe einen Verkehrskegel auf seinen ehrwürdig, klugen Kopf, sprechen tagelang arabisch,
selbst in den Kneipen oder sitzen laut
singend in Kaffees. Alles zu seiner Zeit.
Er hat keine Lust über Politik zu reden – ein gutes Zeichen. Wir haben uns ein Antipresselied ausgedacht.
Geschrieben zwischen zwei Tassen Kaffee.

Zeitungslied

Klein Fritz (4 Jahre) baut sich aus einer Tageszeitung
(aus der Tageszeitung) ein Papierschiffchen und lässt
es auf dem Teich hinterm Haus schwimmen.
Auf dem Mast sitzt Willi Brand.
Am Bug lacht die Königin von Engeland.
Luv bekommt Erich Honecker nasse Füße.
Lee stehen brüderliche Kampfesgrüße.
Es steht auch was über Geiselnahme.
Ganz klein so gar noch Mondosreklame.

In einer ganz versteckten Zeitungsritze
erkennt man ein paar Büttnerwitze.
Bei: Unter vier Augen steht geschrieben:
Man sollte doch nur eine lieben.
Maggy Thatcher misst das Lot.
Ich lache.

Hier sitzen alle mal im selben Boot.

18. September

Er schreibt pausenlos und nur Blödsinn wie:

Wilme, Wulme, Walme
treib mich nicht auf die Palme
Schwippe, Schwuppe, Schwappe
halt endlich deine Klappe

Oder sein Insellied.
Ein ganz besonders poetischer Kunstgriff.

Inselleid

Sturm fegt über den Ozean,
der Käpt’n zittert um seinen Kahn.
Doch plötzlich bohrt sich ein hartes Riff
unter Knirschen und Splittern in das Schiff
Und es rufen alle Mann:
Rette sich wer kann!

Von der ganzen Mannschaft
retten sich nur zwei.
Den einen verschluckt
schließlich doch noch ein Hai.
Also ist nur noch einer der es überlebt
und der Ozean von seinem Jubelschrei bebt
Doch plötzlich sieht er ’ne Insel,
glaubt zuerst an einen Scherz,
doch dann schlägt höher sein Herz

Er rettet sich ans Ufer mit letzter Kraft.
Er glaubt es ist zu Ende, es ist geschafft.
Da schreien ihm sechs nackte Weiber ins Gesicht:
Wir sind Frauen Junge, also tue deine Pflicht!
Und jeden Abend schläft er einer von den sechsen bei
und sonntags hat er frei.

Diese Schwerstarbeit raubt ihm die Kraft.
Sie nimmt ihm die Freude dran und auch den Saft.
Man sieht ihn jeden Tag am Ufer stehn
und mit Schmerzen im Herzen übers Meer hinsehn
doch eines Tages, Mensch du kriegst die Tür nicht zu
schwimmt ein Mann mit letzter Kraft auf die Insel zu

Er rettet den Ärmsten aus dem tobenden Nass
und glaubt jetzt macht das Leben wieder Spaß.
Wir teilen uns in die Arbeit rein,
du drei, ich drei, ist das nicht fein?
Da sagt der Andre und lächelt prekär:
Du allein bist mein Begehr.

Und wenn er nicht gestorben ist,
arbeitet er jetzt auch sonntags.

17. November

Eine Tür schlägt zu
Du stehst wieder draußen.
Es ist kalt, ein kalter Wind
Du glückloses Kind

Eine Tür schlägt zu
Du gehst allein davon
weißt nicht wo Freunde sind
Du glückloses Kind

Eine Tür schlägt zu
Du hast verloren
Ein andrer gewinnt
Du glückloses Kind

Bleibt von einer Hoffnung
nur Erinnerung
Bleibt von Deinen Träumen
nichts als kalter Rauch
und Deine Zeit verrinnt
Du glückloses Kind

Herbst

Der Herbst ist nass geworden. Seine gute Laune, mit den Blättern in den Straßendreck gefallen und er ist der Alte, der ewig Nörgelnde.
Er kennt sich, hat sich daran gewöhnt und kein Mensch merkt ihm etwas an.
Er lächelt, grüßt die Leute und geht immer schön rechts um Zusammenstöße zu vermeiden.
Am Abend dann sitzt er in seiner, inzwischen wieder kalten Bude, und schreibt sich die Steine vom Herzen.

Herbstlied oder optimistisches Lied

Kahler Bäume Früchtetraum
ist längst ausgeträumt und Schaum.
Durch den Nebel klingt ein Lied,
das durch geheizte Zimmer zieht.
In denen satte Menschen hocken
zufrieden, kalt und trocken.
Trostlos Zeit und Sinn
in dem ich ganz gefangen bin.

Trostlos ist das Lied und alt
von den Tagen kurz und kalt.
Männer sich den Bauch warm saufen.
Frauen die suchend durch Kneipen laufen.
Eine noch am Gashahn dreht,
bevor sie alleine schlafen geht.
Trostlos Zeit und Sinn,
in dem ich ganz gefangen bin.

Gesellschaft Du gibst Wärme und Licht
Nur an kalten Tagen nicht.
Wenn der Sturm uns kämmt,
den Fluss übers Ufer schwemmt,
dann kommt es, dass man schlicht und dreist,
auf Dich und Deine Phrasen scheißt.
Trostlos Zeit und Sinn
in dem ich ganz gefangen bin.

Sag warum die Nacht

Sag warum die Nacht, mich oft so traurig macht,
dass trotz der sanften Abendwinde, ich in den Schlaf nicht finde?

Es ist der starke Schnaps, der macht die Herzen schwer
Brennt uns die Kehlen heiß. Vielleicht kommt es daher,
dass uns manche Nacht, so furchtbar traurig macht.

Es sind wohl auch die Träume, auf die man immer hofft.
Die Angst, sie holt sie ein. So kommt es dass uns oft
die bleiche, dunkle Nacht so schrecklich traurig macht.

Dann kommt es von dem Wissen um einen letzten Kuss.
Im ersten Morgengrauen, wenn man gehen muss,
dass uns die schönste Nacht ein wenig traurig macht.

Dann ist es das Gespenst die Schwester Einsamkeit,
die Dir im Zimmer hockt und manchmal lautlos schreit,
durch die dunkle Nacht, weil Dich das traurig macht.

Sag warum die Nacht, mich oft so traurig macht,
dass trotz der sanften Abendwinde ich in den Schlaf nicht finde?

Sei still jetzt, frag nicht mehr. Lass uns ins Traumland gehn.
Und wenn die Sonn‘ uns weckt am Morgen wirst Du sehn,
wie sanft sie war, die Nacht. Der Morgenvogel lacht.

3. Dezember

Traum

Geh auf einer nassen Straße
einsam
Eisblumen pflückend
Gojas Nachtgespenster grinsen
aus hohen Torbögen.

Mir ist kalt!

Und langsam, ganz allmählich
werde ich auch eine Eisblume.

Die Gespenster lachen.

Erstarrung
Winter! Es ist und er hasst diese Jahreszeit. Er hat Andrea, die er doch sehr mochte, nun endgültig verlassen.
Jetzt wieder alles beim Alten. Seine Frau hat ihn wieder und er bemüht sich.
Wie einfach manchmal alles ist. Man kommt und geht wieder.
Ein paar Worte, vielleicht auch Tränen und irgendwann denkt man nicht mehr dran.
Er geht nie gern fort von jemanden.

Fort

Sie schläft noch,
wenn ich die Tür leis schließe
und gehe.
Sie ist noch nicht erwacht.
Wir haben uns in den Nächten
füreinander müd gemacht.

Ach mein Lieb

Ach mein Lieb es tut mir leid,
wir müssen uns doch trennen
Kann mir Lieb nicht vor der Zeit
an der Ehe die Händ‘ verbrennen.
Nein, mein Lieb es tut mir leid,
ich muss nun weiterwandern
und wünsche Dir an meiner Stell
einen Besseren einen Andern.

Wie Spiegel Deine Augen war’n
ich konnt mich drinnen sehen.
Jetzt sind sie stumpf und sagen mir,
Du kannst es nicht verstehen.
Deine Lippen waren Freude mir
ein Jahr und sieben Tage.
Sei nicht traurig Mädchen mein,
wenn ich Dir heute sage:

Deine Brüste waren rund und fest.
Sollt ich sie denn nicht kennen?
Ich werd sie nicht vergessen Kind,
wenn wir uns heut auch trennen
Und Lippen, oh, die kannten manche Stell
an meinem Körper – Ich muss sagen,
gern denk ich dran, auch wenn sie schweigen jetzt
und meinen Abschied stumm ertragen.

Wangen weich wie Pfirsiche,
ich hab mich dran gelabt
und denk mir noch so mancherlei,
was ich an Dir, mein Lieb, gehabt.
Vom Haar schenk eine Locke mir
zum Abschied, ich muss gehen.
Ich lass sie auf der Wanderschaft,
wenn’s stürmt über mir wehen.

28. Dezember

Ein Jahr geht.
Wir sind wieder ein Jahr älter,
aber lächelnd zugegeben:
Kaum klüger.

Die Zeit rast dahin,
Und Uhren sind herzlos.
Zurück kann’s nicht gehen.

Also weiter, weiter!
Und nur ganz vorsichtig
ab und zu einmal
kurz zurückgeblickt.

Aber wirklich nur ganz kurz,
sonst zieht’s am Herz.

Ein Jahr geht.
Es geht wie schon tausende vorher
und tausende noch gehen werden.

Schwamm drüber

Soll’s denn das schon gewesen sein?

Soll’s denn das schon gewesen sein?
Das Leben so stinknormal.
Die Tage baden in Langeweile.
Die Tage werden mir zur Qual.
Ich verwechsle schon die Wochen
und dicke Jahre wandern
an mir vorbei und sind sich gleich
wie ein Ei dem andern.

Refr.
Ich möcht nochmal in Deine Augen blicken,
Mich in’s Vergangene schicken.
An Deine Lippen mich verschenken.
In Deinen weichen, warmen Schoß mich senken.
Du unvergessen, frohe Zeit
meiner Kindheit
Es schiebt, es drängt, es zerrt und zieht
Die Ohren sausen mir.
Weiter, weiter, Kommen und Gehen.
Gestern im Licht und heute hier.
Lebenswellen über’m Haupt
zusammenschlagend, Salzgeschmack
Ertrinkend trag das Zeitgespinnst,
das Alter, ich im Huckepack.

Das kann’s noch nicht gewesen sein.
Die Uhren sollen stehen!
Ich würd so gern noch mal von vorn
die Lebenskurbel drehen.
Doch die Uhren scheren sich den Dreck
um solch dummes Flehen.
Und Stunde um Stunde sich unbarmherzig
die Zeiger weiterdrehen.

Liebeslieder – und solche die keine wurden

Warum ich schreibe?

Ich liebe das Wort – Das Geschriebene.
Man sag’s dem Papier und für Ewigkeiten
lebt es dann fort
das Wort.
Glaube mir,
all diese Worte
gehören Dir.
Wenn unsere Wege
schon lang geschieden.
Wenn andere Lippen
streicheln Dich,
sind sie noch da

DIE WORTE

Mein Bett

Mein Bett kann ein Lied von der Liebe singen,
Kann machen, dass seine alten Federn klingen.
Es kann so laut singen, dass die Nachbarn es hören.
Kann sie in ihrer Nachtruhe stören.
So kommt es, dass wenn sie mich im Treppenhaus grüßen
sie mich anschauen, so vom Kopf bis zu den Füßen
und dann vielleicht beim Anblick ihrer alten Betten
die Zeit gern noch einmal zurückgedreht hätten.
Darum liebe ich weiter und mein Bett singt dabei,
denn verlorene Zeit ist vertan und vorbei.

Ach red mir nicht von Liebe

Ach red mir nicht von Liebe
in einer kalten Nacht.
Da ist sie mir erfroren
und ich hab nur gelacht.

Es war mir leicht ums Herze
die Lieb war schon alt.
Sie hat nicht mehr gewärmt
und deshalb blieb ich kalt.

Ach lass mir das Gerede
Von Liebe und von Treue.
Nach jeder großen Liebe,
kommt irgendwann die Neue.

Ach lass mir das Gerede
von einem langen Glück.
Denn jeder gibt von sich
Dem andern nur ein Stück.

Drum lass mir das Gerede.
Ich kann’s nicht hören, versteh.
Lass uns beisammen liegen.
Am Morgen dann sei still und geh.

Mädchen, komm an meine Quelle

Mädchen, komm an meine Quelle
Trink Dich frisch und trink Dich schön.
Fass in die Silberbrückenwelle
Mach Dich stark, dann lass uns gehn.

Komm den Bach hinab der fließt
Und wenn er sich in Dir ergießt
bis er Dir aus den Lenden bricht,
dann komme Liebste, frage nicht.

Mädchen, komm an meine Quelle,
trink die Liebe in Dich rein.
Lass Dich küssen, küsse mich
und lass uns trunken sein.

Der Regen bei Dir

Der Regen bei Dir, ist derselbe wie hier.
Der Wind der Dich streichelt,
berührt auch mich.
Auf Deiner Erde geh auch ich.
Dein Himmel ist auch mein.

Lass Dich küssen von der Sonne,
sie küsst auch mich.
In jeder Blume ist Dein Duft
auf jeder Wiese seh’ ich Dich
In jedem Traum Dein Bild.

Wär’ ich der Regen, der Wind, die Sonne
Wär’ ich das Gras und die Erde.
Ich könnte bei Dir sein
Dich küssen und umschmiegen.
Doch besser ich bin ich und kann Dich lieben

Der Wind

Der Wind, er sitzt im Apfelbaum
und erzählt uns ein Märchen.
Ich schwebe zwischen Sein und Traum
Vom Himmel lacht uns Klärchen.
Du liegst sanft neben mich gestreckt
und wartest, dass ich was tu.
Ich hab über mir einen Apfel entdeckt.
Ich habe Hunger und Du,
und der Wind sah zu,
er war gespannt, was ich wohl als erstes tu.

Wind, Wind laufe zu, lass mich in Ruh
Wind, Wind ich will Dich nicht fangen
ich bin auch sicher nicht so schnell wie Du.

Ich griff zuerst nach dem Äpfelchen
und ließ Dich links liegen.
Mir war, da Klärchen vom Himmel schrie
ganz schön was in den Kopf gestiegen.
Ich biss deshalb auch herzhaft in die Frucht
und als ich sie zur Hälfte gegessen
warst Du schon lange auf der Flucht,
ein Frosch sah mich an,
machte quak und sprang,
von dort fort, wo Du eben noch gesessen.

Mein Lied das hat auch eine Moral,
mehr für jene die gern schlafen und essen.
Hast Du zwischen Weib und Appel die Wahl,
greif zuerst zum Weib, sonst hast Du sie
die allerlängste Zeit besessen.

Wind, Wind laufe zu, ich werde Dich schon fangen.
Wind, Wind laufe zu, ich lass Dir keine Ruh
lauf, lauf, ich werde Dich fangen
Ich bin viel schneller,
sicher viel schneller als Du.

Ein gelber Feuerreigen

Ein gelber Feuerreigen von Missgunst voll und Hass.
Aus Eitelkeit und Schweigen, Streit und bösem Spaß,
verbrennt die vielen Geigen, die gestern noch mit singen,
hell und wunderschön für uns im Himmel hingen.

Gestohlen uns die Tage, gestohlen uns die Nacht
Verbrannt im Alltagsfeuer – das Kartenhaus zerkracht.
Gestohlen uns die Liebe, gestohlen uns der Mut.
Verbrannt ist unsre Hoffnung. Es wird nicht wieder gut.

Das Konzert, es ist zu Ende. Zerklang mit einem Ton,
in dem Verzweiflung schwingt und bitterkalter Hohn.
Die Musiker gehen Heim, die Händ‘ vom Spiel noch steif
und von den Sternen fällt der erste weiße Reif.

Wie ausgepresste Schwämme liegen unsre Seelen
auf’s Parkett gespuckt. Nur Tränen fehlen.
Die sind längst weggeweint. Der ewig gleiche Streit
hat sie fortgespült mit der Zeit, der Zeit.

Dein Lachen, das schmeckt bitter. Mein Schreien das verhallt.
In fensterlosen Zimmern ist es meistens kalt.
Die Wonnetiere sind gestorben, die einst nass geschwitzten Betten trocken,
weil dunkeltrübe Schatten jetzt nachts in ihnen hocken.

Wir packen unsre Koffer. Packen sie wieder aus.
Du willst gehen, ich will gehen und doch kommt keiner raus.
So quälen wir uns weiter, trotz Lieblosigkeit und Schweigen
Missgunst, Streit und Hass. Trotz der zerbrochenen Geigen.

Turmbau zu Babel

Es trafen sich zwei
die schlugen in Stein
für immer und ewig
ihre Liebe ein

Da sollte es stehen
bis zum jüngsten Tag
hart eingemeißelt,
dass einer den anderen mag.

Doch fanden sie schon im siebten Jahr
nicht mehr die rechten Worte.
Sie konnten sich nicht mehr verstehen
und fanden sie müssten auseinandergehen.

Er schlug sie und sie,
spie ihm ins Gesicht.
Sie schrien sich an,
doch verstanden sich nicht.

Sie wussten nicht die Gründe dafür.
Er ging und sie
schlug hinter ihm zu die Tür.

Der flüchtige Kuss.

Ich falle wie im Traum
wie zwischen Schlaf und Wachen.
Hör meine Freunde sagen,
ich soll mir nichts draus machen
und, dass er nichts bedeuten muss
ihr flüchtiger Kuss.

Doch seit dem Tag als sie mich küsste,
macht der Gedanke mich verrückt,
es war für sie halt nur ein Kuss
so wie man Feldblumen pflückt
Sich nichts dabei denkt
und sie verschenkt.

Ich weiß ich bin ein Narr
so ein Kuss hat kein Gewicht.
Sie hat sich ja nichts dabei gedacht
und küsste mir mein Gesicht,
vielleicht weil sie’s nicht kennt,
wie so ein Kuss manchmal brennt.

Nun gut ich werde ihn vergessen.
Deinen Kuss, doch hör mir zu.
Ich schrieb Dir dieses Lied,
denn Du nahmst mir die Ruh.
Obwohl er nichts bedeuten muss.
Der flüchtige Kuss.

Ach mein Lieb

Ach mein Lieb es tut mir leid,
wir müssen uns doch trennen
Kann mir Lieb nicht vor der Zeit
an der Ehe die Händ‘ verbrennen.
Nein mein Lieb es tut mir leid,
ich muss nun weiterwandern
und wünsche Dir an meiner Stell
einen bess’ren einen andern.

Wie Spiegel Deine Augen Warn
ich konnt mich drinnen sehen.
Jetzt sind sie stumpf und sagen mir,
Du kannst es nicht verstehen.
Deine Lippen waren Freude mir
ein Jahr und sieben Tage.
Sei nicht traurig Mädchen mein,
wenn ich Dir heute sage:

Deine Brüste waren rund und fest.
Sollt ich sie denn nicht kennen?
Ich werd sie nicht vergessen Kind,
wenn wir uns heut auch trennen.
Und Lippen, oh, die kannten manche Stell
an meinem Körper – Ich muss sagen,
gern denk ich dran, auch wenn sie schweigen jetzt
und meinen Abschied stumm ertragen.

Wangen weich wie Pfirsiche,
ich hab mich dran gelabt
und denk mir noch so mancherlei,
was ich an dir mein Lieb gehabt.
Vom Haar schenk eine Locke mir
zum Abschied – ich muss gehen.
Ich lass sie auf der Wanderschaft,
wenn’s stürmt über mir wehen.

Die Liebe mein

Die Liebe mein hat Sonnenaugen
und Hände weicher Seide.
Ihre Schenkel prangen reif
wie Sommersonngetreide.

Ja ich will die Liebe mein
mir täglich neu erschauen
und Freudentürme hoch wie nie
auf ihren Küssen bauen.

Denn schließlich ist ein Inselbett
wohl in den Tag gehext.
Drauf mitten in der hellen Stund
die Liebe wächst und wächst.

Lass Dich noch einmal küssen

Lass Dich noch einmal küssen,
bevor der Tag uns fängt.
Bevor die laute Stadt
an meinen Flügeln sengt.

Lass uns noch einmal fliegen,
bevor ich von Dir geh
und draus im grünen Fenster
im Spiegelglas mich seh.

Drück bitte meine Hand,
Du sagst Du hast sie gern,
noch fest an Deine Lippen,
denn bald ist sie Dir fern.

So werd ich ihn noch spüren
Deinen zarten, festen Mund,
wenn ich die Erde reite.
Und nichts reibt mich dann wund.

Von den Dächern

Von den Dächern fällt der Morgen
lautlos in die Straßenschluchten ein.
Die Häuser räkeln sich noch träumetrunken
im ersten Sonnenschein.
Meine Hand ruht schwer und groß
vom Kosen müde noch auf Deinem Schoß.
Und alles in mir
drängt so heiß zu Dir.

Ich schau Dich an,
schau in Dein sanftes, weißes Nachtgesicht,
aus dem nichts mehr von Deinem
Märchenbücherglauben spricht.
Du siehst, dass es auch anders geht,
als in den schlechten Büchern steht.
Wenn alles an Dir
sich so sehnt nach mir.

Es muss nicht immer der Himmel,
das Weltall sein, wenn man sich liebt.
Wenn man dem andern von seinen
Zärtlichkeiten etwas gibt,
dann hat die Liebe
auch ohne Märchenbücher Sinn
und alles in uns drängt zu andern hin.

Mein Herz
1
Elender Bettler, Lausbub, Egoist
Vielleicht auch Betrüger
Ruhestörer, Moralist
Rasendwildklopfer
Träumer, Impressionist

Ist mein Herz
wenn Du nicht bei mir bist.
2
Wieg mich ein,
ganz müde will ich sein.
Doch träume ich zu fest,
dann lach
und küss mich wach.

Wie mich ein,
sing mich müd und froh.
Doch schlaf ich von uns weg.
Dann
küss mich bitte wach.
3
Ich wollte Dir ein Liebeslied schreiben.
Dir es schenken heut zur Nacht.
Wollte Dir so viel sagen und Dich fragen,
ob meine Liebe Dich glücklich macht.

Ich wollte Dir ein Liebeslied schreiben.
Ohne die alten Lügen.
Doch ich hab’s nicht fertiggebracht
Ich hab zuviel drüber nachgedacht
und das Mädchen,
das hat mich ängstlich gemacht.

Warten auf sie

Warten auf sie/
Warten auf die braunen Haare/
Auf zwei kluge Augen, die auch fragen/
Einen Mund der auch streitet/

Warten auf sie/
Auf die ihre Art das Brot zu schneiden/
Auf ihr Lachen, ihren Körper/
Dass sie von ihrer Arbeit spricht/

Warten auf sie/
Warten darauf, dass sie mich anhört/
Warten, dass sie mir antwortet/
Warten auf sie und ihre Liebe/
Vor allem ihre L i e b e

Fort

Sie schläft noch,
wenn ich die Tür leis schließe
und gehe.
Sie ist noch nicht erwacht.
Wir haben uns in den Nächten
füreinander müd gemacht.

Er steht vor ihrem Haus I

Er steht vor ihrem Haus
und traut sich nicht zu klopfen.
Der Regen macht ihn mutlos, leer,
so schwer sind seine Tropfen.

Er sieht ihre Fenster
und hinter den Gardinen kein Licht.
Nur so weit jetzt zu klopfen
reicht sein Mut doch nicht.

Du armer Junge wenn Du wüsstest,
dass ich bei Deinem Mädchen bin.
Wir stehen hinter den Gardinen
und sehen traurig zu dir hin.

Er steht vor ihrem Haus II

Er steht vor ihrem Haus,
und sie liegt noch im Bett.
Es war ein schöner Abend,
er fand sie wirklich nett.

Und als sie ihm dann sagte,
sie wär nicht gern allein,
kam er mit auf ihr Zimmer.
Es musste wohl so sein.

Jetzt steht er auf der Straße
im grauen Morgenlicht
und Wind speit Regen
in sein müdes Gesicht

Er geht seinen Weg
und dreht sich nicht zurück
Sie steht vielleicht am Fenster
und sieht ihm nach ein Stück

Es bleibt von solchen Nächten
mehr als ein Kitzel nicht.
Zuerst vergisst man den Namen
und später das Gesicht

Freitagabend

Der Freitagabend geht die Runde.
Er holt vom Himmel alles Blau.
Das Parkett atmet schon schwer,
im Saal steht Rauch so kalt, so grau.

Hier treffen sich die Sorgenkinder.
Man lügt sich Lächeln ins Gesicht.
Sucht nach dem Strohhalm in der Brühe,
schaut aus nach Wärme, Luft und Licht

Und das Kind spielt mit dem Feuer
zu Haus, weil es nicht schlafen kann.
Die Mami hat der Saal gefressen.
Die Mami sucht sich einen Mann.

Wenn Worte nicht mehr greifen können.
Wenn sie verbraucht sind, keiner hört sie an,
dann muss das Kleid zum Hintern wandern,
dass man die Schenkel sehen kann.

Und sie reiten auf heißen Pferden
die lange Freitagnacht hinab.
Doch sehr bald schon müd geritten,
werfen die Pferde die Reiter ab.

Ich habe Angst um Dich

Ich habe Angst um Dich, meine Liebe
wenn ich in den nach Gras riechenden Tag trete.
Wenn ich mich ins Wolkenschiff träume.
Nacht mich wach macht mit ihrer Stille.
Dann habe ich Angst um dich.
Meine Liebe

Und immer noch wird es schöner mit Dir

Und immer noch wird es schöner mit Dir.
Mit jedem Tag, jeder Nacht, die Du teilst mit mir.
Manchmal denke ich, es kann nicht schöner sein,
doch dann scheint mir das Glück einer Stunde
in der nächsten schon klein.

Und immer noch bin ich so gerne bei Dir.
Bin manchmal wie ein sich sehnendes Tier.
Das Deine Nähe sucht und Deinen Schutz,
dass Du es rettest vor Streit und Hast,
vor Angst, vor Neid und ähnlichem Schmutz.

Und immer noch schreibe ich Dir Lieder.
Fleh, wenn Du gehst – Bitte komm bald wieder.
Ich will Dir ein Zelt, Dein Held, will Dir Obdach sein
Du meine Frau – Geliebte mein.

Ich will sein Deine Welt, die Erde, der Himmel blau.
Will’s sein solang ich bin – du meine Frau.

Ich bin kein Engel.

Freilich ich bin kein Engel.
Oft leg ich Eis auf meine Haut
und wehre mich wenn jemand lacht,
damit es mir nicht taut.
Freilich oft bin ich nicht weise
und gebe Dir aus Scham und Angst
nicht das was Du verdienst,
nicht viel von dem, was Du verlangst.

Doch kenn ich mich und weiß genau
ICH LIEBE DICH

Oft bin ich laut, wenn Du sanft
und zärtlich meine Seele misst.
Dann wieder stumm wo nur ein Wort
genügte, dass Du fröhlich bist.
Ich habe solche Angst um Dich
und sage es Dir nicht,
aus dummer Eitelkeit, aus Furcht
Du lachst mir ins Gesicht.

Denn dieses Lachen tötete mich
ICH LIEBE DICH
Ich weiß ich bin halt jünger.
Gedankenloser manchmal auch.
Doch glaube mir, wenn ich Dir sag,
dass ich Dich so, wie sonst nichts brauch.
Ich achte Dich als kluge Frau,
als Liebste, als mein Halt, mein Sinn.
Weil ich so gänzlich ganz
von Dir gefangen bin.

Ich brauche Dich, sehn mich nach Dir
ICH LIEBE DICH

Als ich Dich das erste Mal gesehen

Als ich Dich das erste Mal gesehen,
war es schon um mich geschehen.
Ich konnte nicht mehr gerade stehen.
Gott im Himmel war das schön.

Ich habe mich sofort verliebt,
dass es solche Wunder gibt,
hätt ich nie im Traum gedacht.
Du hast mich so angemacht.

Ich bin nicht mehr der, der ich war
Funken sprühen mir aus dem Haar.
Und die Ohren wackeln schon
hör ich Dich nur am Telefon.

Du bist für mich der schönste Mann
Ich lasse keine Andre ran.
Denn ich weiß doch ganz genau
Ich bin Deine Schnörkelfrau.

Ich halte Dich in meinem Arm
Bespritze Dich mit meinem Charme
Lasse Dich nie wieder los
Denn meine Sehnsucht ist so groß.

Ich habe nun mit Dir gerollt

Ich habe nun mit Dir gerollt.
Bin mit Dir durchs Haus getollt.
Geküsst, geliebt und auch geschmollt.
So wollen wir es halten.

Wir tanzen Walzer in der Stadt
und fahren mit dem Motorrad.
Wir kriegen uns bestimmt nie satt.
So wollen wir es halten.

Der Kater Tom ist auch dabei.
Du liebst es hart, ich weich das Ei
Wir lassen schnell den Goldfisch frei
So wollen wir es halten.

Zwischentext:
Du bist ein altes Trampelvieh.
Sag so was nie, Sag so was nie
Du bist der allerdickste Kloß
Was soll das bloß? Was soll das bloß?
Du bist die Doro Kullerbauch.
Das sag ich auch, Das sag ich auch.
Du bist der Erni. Ich der Bert.
So wollen wir es halten.

Und nun zu guter Letzt der Schluss.
Wir geben uns noch einen Kuss.
Weil Quitscheentchen baden muss.
So wollen wir es halten.

Wenn Nachtgetier die Pferde zäumt

Wenn Nachtgetier die Pferde zäumt,
gehn Wünsche still zu Bett.
Und in den Kissen bete ich,
dass ich Dich bei mir hätt.

Doch wenn Du bei mir liegst,
schnürt Fieber mir die Brust
und legt sich bleiern schwer,
auf angestaute Lust.

Dein heißer Mund nimmt mich wohl ernst.
Er läuft sich wund an meinem Kinn,
während ich noch wie ein Schulbub
so schamlos schamhaft bin.

Ich will Dich so gern haben,
und habe Dich doch nicht.
Mich nicht verstehend schaust Du
mir in mein Blutgesicht.

Es liegt doch nicht an Dir,
wenn meine Pferde streiten,
und nicht zum Mond, zum Morgen
hinauf, hinab nun reiten.

Und suche nicht nach den Sätteln
die find nur ich allein.
Und erst wenn Deine Liebe
mein Lieb wir um mich sein.

Sehr persönliche Gesänge

Gevatter Sensenmann

Komm Gevatter Sensenmann
Komm und nimm Dich meiner an
Mach mich frei von dieser Hast
Mach mich frei von dieser Last
Die ich nicht mehr tragen kann
Komm und nimm Dich meiner an
Komm Gevatter Sensenmann

Komm doch hol mich bitte leis
nicht, dass ich’s vorher schon weiß
nicht, dass ich’s mir überleg
wenn wir schon auf halbem Weg
Dass ich’s leicht ertragen kann
Komm und nimm Dich meiner an
Komm Gevatter Sensenmann.

An alle Kaffees

Buchmendel sitzt und liest wieder
Ich bin ganz still
und setze mich an seinen Tisch.
Gegenüber sitzt
Leonhardt Frank
und schreibt:
Links wo das Herz ist
Oder war es die Kaffeekanne?
Der olle Strauß
auch so einer
An der schönen grauen Elbe

Alle gedopt mit Koffein München – Wien – Berlin
Alle Kaffees der Welt.
Ich bin ganz still
nur:
Arbeiten kann ich hier nicht.
Das ist vorbei.

Gespräch im Kaffee (in breitem sächsisch)

Also Frau Schulze, ich bin sehr verstimmt,
wie sich die Frau Meier benimmt.
Die kommt doch schon wieder mit ’nem andren Mann.
Dabei sieht man der die 70 Jahre doch an.

Die hat ja oben nur noch vier Zähne
und Füße so groß wie Elbekähne.
Nein, ich kann das nicht verstehen,
wie soll denn das nur weitergehen.

Sie haben völlig recht, meine liebe Frau Glimmer.
Mit der Meier’n das wird ja immer schlimmer.
Der Mann ist auch viel zu jung für die Frau.
Ich weiß was ich sage, ich kenn den genau.

Er ist vor kurzem erst 68 geworden.
Genau wie wir beide, ich könnt die Meiern ermorden.
Ein Glück, dass wir uns so gut verstehen.
Ich werd mal rüber zur Meiern gehen.

Bis morgen meine Gutste. Auf wiedersehen.

Im Kaffee Leben

Man sitzt
und trinkt
wartet

nichts passiert,
ab und zu kommt jemand kassiert.

Jeder sitzt für sich allein,
kippt was er bekommt in sich hinein.
Jeder lebt für sich allein.

Neutron

Der General in seinem Jeep,
am Dorfrand steigt er aus.
Das Dorf ist leer und nichts zu sehn,
kein Mann, kein Hund, keine Maus.
Die Häuser stehen friedlich still,
die Eiche rauscht und raunt ,
gute Arbeit denkt der General
und ist selbst sehr erstaunt.

Refr.
Die Häuser heil, die Menschen tot,
das ist der gute Ton
der ganz besonders saub’re Krieg,
das macht Neutron, Neutron.

Ein Schornstein raucht, es riecht nach Kohl
und würden sie noch leben,
hätt’s den mit grünen Klößen heut,
zum Mittagbrot gegeben.
Ein Pärchen hat’s im Bett erwischt,
Soldaten witzeln und lachen
Doch der General als gebildeter Mensch,
befiehlt das Licht auszumachen.

Die Kinder auf dem Spielplatz fielen
wie Pflaumen vom Rutschelefant
und liegen jetzt als schliefen sie,
im honiggelben Sand
Aus einem Haus am Ende der Straße
hört man Radiomusik.
Der General denkt und ist beglückt:
Welch historischer Augenblick.

Dem General in seinem Jeep
ist’s um die Menschen nicht leid.
Außerdem muss er zum nächsten Dorf
und hat keine Zeit, keine Zeit.
Auch dort hält er wieder am Dorfrand an,
sieht wieder das gleiche Bild.
Welch große, genial saubere Waffe,
denkt er und lächelt mild.

Ich hab von meinen Tagen

Ich hab von meinen Tagen,
ein drittel erst gesehn
Ich will nicht vor der Zeit,
vor meiner Zeit abgehn

Sie schlagen sich auf ihre Köpfe,
um Dinge die ich gar nicht will,
und drückt man auf die roten Knöpfe,
wird’s auf der Erde laut, dann still.
Man jagt in die Gehirne,
die Phrasen, die man sich baut,
bis sich’s in jeder Stirne
kriegslüstern, lustig staut.

Keine Stunde will ich geben,
dem stinkend, schmutziggelben Rauch.
Ich will noch etwas leben
und Kinder will ich auch.
Von denen will ich was haben,
die will ich wachsen sehn.
Mit denen will ich spielen
und in den Tierpark gehn.

Sie lässt sich kaum beschreiben,
die Angst, die in mir ist.
Ich will noch etwas bleiben
und kämpf um diese Frist.
Ich würd auch nicht gern sterben
am Tabak oder Wein,
doch lieber will ich so,
als am Krieg gestorben sein.

Mein Gott Mutter

Mein Gott Mutter,
warum warst Du so unbarmherzig
und Vater, warum warst Du so voll Gier?
Ihr ließet Eure Liebe sterben,
wie ein weidwundes Tier.
1
Vater, oh Du Treuebrecher
Mädchenschänder Du.
Der Stau von Blut, die Sucht nach Lust
ließen Dir keine Ruh.
Freilich jeder Schnaps schmeckt anders.
Brennt anders durch den Kropf.
Doch hat man dann am nächsten Morgen meist,
den immer gleichen schweren Kopf.

2
Mutter, oh Du Racheengel.
Eifersucht ist ein Stück Dreck.
Die wischt Dir die Gerechtigkeit,
die wischt Dir Deine Liebe weg.
Ich höre Dich noch schreien,
mit dieser Eifersucht im Leib:
Geh doch Du alter Hurenbock!
Geh doch zu Deinem Hurenweib!

3
Es dampfte aus jedem Blick der Hass.
Ein Babel zu Euren Füßen.
Die Worte – ach, so missverstanden.
Wir Kinder mussten’s büßen.
Und flennend lagt Ihr mir im Arm
Ein wenig tat’s Euch weh.
Ihr wart nicht mehr zu retten.
Erfroren Eure Lieb im Schnee.

Katrin

Ein Mädchen auf der Wanderschaft,
der Weg ist lang, der Weg ist schwer.
So, dass sie’s kaum ertragen kann,
sie hat nicht mal ’nen Mantel an
Und’s Kind in ihrem Bauch, es drückt sie sehr.

An jedem Haus da klopft sie an,
doch niemand lässt das Mädchen ein.
Vor dem Bauch schlagen ihr die Türen zu,
verschwinde Hur‘ lass uns in Ruh.
Die Herzen der Menschen sind aus Stein

Refr.
Katrin bist eine Hur‘, ein Kind und keinen Mann
Katrin bist eine Hur‘, lässt jeden an Dich ran
Katrin bist eine Hur‘, für Dich ist hier kein Platz im Ort
Katrin bist eine Hur‘, nimm Dein Bündel und scher‘ Dich fort

Die Nacht sie hängt wie Samt sich vor
die Sonne und der Tag wird alt.
Der Nebel liegt wie frischer Schnee
schwer auf dem zugefrorenen See
und es ist kalt.

Es ist kein frohes Liebeslied,
das jetzt in Kält‘ zu Ende geht.
Der Schnee ist meistens mitleidlos,
legt sich auf ihren bloßen Schoß
und hat die Töne drin verweht.

So presst sie sich ihr Kindlein ab,
vom Schoß hinaus, in’s weiße Grab.
Und weint als sie getrennt nun sind:
Vielleicht ist’s besser so mein Kind,
weil ich kein Leben für Dich hab.

Man hat es ihr nicht glauben wolln,
als sie sagte ’s Kind sei erfror’n
und gibt ihr als Antwort nur,
erst sei sie zur Hur‘
und dann zur Mörderin gewor’n

Und wieder ist Schnee gefall’n.
Man schneidet ihr die Haare ab
und führt sie auf’s Gerüst,
wo sie das Kreuz noch einmal küsst.
Der Richter bricht den Stab.

Der Henker legt sie auf den Block.
Die Leute gaffen, gleich ist’s so weit.
Sie schreit: Ich hab’s nicht umgebracht
das hat der Winterwind gemacht
und eure Mitleidlosigkeit.

Traum

Geh auf einer nassen Straße
einsam
Eisblumen pflückend
Gojas Nachtgespenster grinsen
aus hohen Torbögen.
Mir ist kalt!

Und langsam, ganz allmählich
werde ich auch eine Eisblume.
Die Gespenster lachen.

Erstarrung

Es kann mir nicht genügen

Es kann mir nicht genügen
ein Segel nur zu sein,
in das der Wind sich stark
mich treibend legt hinein.

Es kann mir nicht genügen,
es liegt mir wenig dran.
Ich will der Wind selbst sein,
so gut ich eben kann.

Es kann mir nicht genügen,
lebt man mir mein Leben.
Ich lasse mir nicht gern
Befehle geben.

Es kann mir nicht genügen
nur immer brav zu sein.
Das Mauseloch ist mir
trotz der Ruhe drin zu klein.

Es kann nicht mehr genügen
von Herz und Schmerz zu singen,
wenn tief in meinem Innern
noch andre Worte klingen.

Es kann mir nicht genügen
nur Hurra zu schrei’n.
Ich kann nicht immer brav
und nicht genügsam sein.

Zwischen den Richtungen meiner Ängste

Zwischen den Richtungen meiner Ängste
liegen die Wälder der Einsamkeiten.
Regenverwaschene Wegweiser weisen
in längst verlorengegangene Zeiten.

Ich möcht jetzt emigrieren,
ganz gleich wohin – nur weit, weit fort von mir.
Möcht mich enteisen und befrei’n,
gepeitscht von meiner Lebensgier.

An diesen Tagen sterben Zuversichten.
Ich kann mich selbst nicht leiden.
Sitz auf leer gefress’nen Weiden
und erfinde böse Traumgeschichten.

Die Schnäpse schmecken öd und fad.
Die Mädchen stolpern andren hinterher.
Die Sonne reißt mein Lächeln fort,
es stirbt im weich erhitzten Straßenteer.

Wie schwarze Schnecken kriechen Eisenbahnen
durchs Land, beladen voll mit Fliehenden.
An den Schranken steh ich neidgeplagt
und wink den südwärts Ziehenden.

Altwerden 2

Als ich noch Kind,
und offen war für alles,
wollte ich die Welt
in den Taschen meiner Spielhosen
mit nach Hause nehmen.
Doch immer
war es nur
eine kleine Welt.
Steine,
eine Muschel,
Tannenzapfen.
Ich sammelte Stück für Stück meiner Welt.
Heute finde ich von Zeit zu Zeit
einen Stein
zwischen meinen alten Sachen
und
werfe ihn achtlos beiseite.

Altwerden 4

Krumm,
wie ein vom Sturm geknickter Baum.
Eine Hand auf dem Rücken.
Mit der anderen – zitternd
tastend
sich stützend
auf Tisch und Stühle,
geht er zu seinem Platz im Kaffeehaus.
Sein Platz.
Jeden Tag eine Tasse Kaffee, seine Zeitung.

Die Kellner sagen Opa

Arbeitsschuhe,
kein Hemd
nur eine alte Jacke auf dem ausgefransten,
alten Körper,
Arbeitshose. – Jeden Tag
Ich mag ihn mit seiner Tasse Kaffee, seiner Zeitung.

Heute:
Vermisst.
Er war nicht da.
Morgen?
Vielleicht…
Nein ich bin sicher,
Nie wieder der Alte,
mit seiner Tasse Kaffee und seiner Zeitung.

Sag warum die Nacht,

Sag warum die Nacht, mich oft so traurig macht,
dass trotz der sanften Abendwinde, ich in den Schlaf nicht finde?

Es ist der starke Schnaps,
der macht die Herzen schwer.
Brennt uns die Kehlen heiß.
Vielleicht kommt es daher,
dass uns manche Nacht,
so furchtbar traurig macht.

Es sind wohl auch die Träume,
auf die man immer hofft.
Die Angst, sie holt sie ein.
So kommt es, dass uns oft
die bleiche, dunkle Nacht
so schrecklich traurig macht.

Dann kommt es von dem Wissen
um einen letzten Kuss,
im ersten Morgengrauen,
wenn man gehen muss,
dass uns die schönste Nacht
ein wenig traurig macht.

Dann ist es das Gespenst,
die Schwester Einsamkeit,
die Dir im Zimmer hockt
und manchmal lautlos schreit.
Durch die dunkle Nacht,
weil Dich das traurig macht.

Sag warum die Nacht, mich oft so traurig macht,
dass trotz der sanften Abendwinde, ich in den Schlaf nicht finde?

Sei still jetzt, frag nicht mehr.
Lass uns in’s Traumland gehn.
Und wenn die Sonn‘ uns weckt
am Morgen wirst Du sehn,
wie sanft sie war, die Nacht.
Der Morgenvogel lacht.

In den letzten Straßenbahnen

In den letzten Straßenbahnen,
fährt die Nacht dem Taglicht zu.
Kreischend in sonst stillen Kurven,
fährt sie durch die Morgenruh.

In den letzten Straßenbahnen,
schau ich in die Scheiben nicht.
Hab ich Angst vor meinem müden,
schweißverklebten Nachtgesicht.

Refr.: Und es fahren auf den Gleisen
All die lauten und die leisen
Nachtverbringer, Träumetänzer
Glücksversucher, Sorgenschwänzer.

Und sie drehn sich in den Bahnen
ohne dass sie es selbst ahnen,
auf dem ausgefahr’nen Gleis
Immerzu doch nur im Kreis.

In den letzten Straßenbahnen
sind sie Frauen stark geschminkt.
Ein Lachen, warm und gierig,
schrill zu mir herüber winkt.

Es flattert auf im Wagen,
dreht sich, bettelt, küsst mich, wirbt,
bis es in meinen müden Augen
ohne Antwort leise stirbt.

In den letzten Straßenbahnen,
warten wir noch auf ein Wort.
Doch mit jeder Haltestelle
steigt auch diese Hoffnung fort.

In den letzten Straßenbahnen,
fährt die Nacht dem Taglicht zu.
Kreischend in sonst stillen Kurven,
fährt sie durch die Morgenruh.

Die Wand

Stein auf Stein
Stein neben Stein
Von grünen Pflanzen,
die sich sanft anschmiegen,
an ihr emporwachsen, bedeckt.
Die Früchte des Gartens
vor Räubern schützend
alt
hoch
schön.

Solche Mauern lob ich mir.
Sind sie doch nütze,
ob ihrer Schönheit – Ihres Zwecks.

Fröhliches Jagdlied zur Klampfe gesungen

Freunde sprecht nicht so laut
der Fuchs ist auf der Jagd
Euch selber nur traut,
der Fuchs ist auf der Jagd.
Eure Hühner sperrt in’s Haus
lasst keines raus.
Zeigt sie nicht wenn er fragt,
der Fuchs ist auf der Jagd.

Füchse sind nicht dumm.
Der Fuchs ist auf der Jagd.
Also seid lieber stumm.
Der Fuchs ist auf der Jagd.
Seid nicht zu ehrlich,
das ist gefährlich.
Seid still wenn er Euch fragt,
der Fuchs, denn er ist auf der Jagd.

Er bläst uns den Marsch,
beißt uns in den Arsch,
schleppt uns in seinen Wald,
und dort ist es kalt.

Füchse haben scharfe Zähne.
Der Fuchs ist auf der Jagd.
Und wo gehobelt wird fall’n Späne.
Der Fuchs ist auf der Jagd.
Ist er erst in Deinem Garten
kannst Du drauf warten,
dass er nach Deinen Hühnern fragt,
der Fuchs, denn er ist auf der Jagd.

Ich weiß man sieht oft Gespenster,
doch der Fuchs ist auf der Jagd.
Und sieht er erst in Deine Fenster,
der Fuchs auf seiner Jagd,
ist es meist zu spät
und Dir gerät
nicht mal mehr ein Schrei – wie gesagt,
der Fuchs ist auf der Jagd.

Im Pfirsichbaum

Im Pfirsichbaum hängt lüstern
ein gelber Mond aus Papier.
Die Fete schmeckt nach Asche
und nach schalem Bier.

Die Mädchen sind aus Plastik.
Ihr Lächeln drängt und treibt
und man fragt sich benommen,
warum man denn noch bleibt.

Refr.:Da liebt man sich im Brombeerstrauch
den Hintern nackt im Moos.
Kein Feuer nur ein kalter Rauch
presst sich in manchen Schoß.

Es liegt was in der Luft,
das riecht nach Hast und Liebeleien
In der Ferne hört man leis
die Großstadt schreien.

Der Schnaps steigt in den Kopf
und macht die Lenden heiß.
Man nimmt sich ein Mädchen,
deren Namen man nicht weiß.

Die Gläser leer, der Mond ist müd.
Die Ersten gehn nach Haus.
Und streichen was gewesen ist,
in ihren Köpfen aus.

So saugt man sich begierig
an jedes Stückchen Glück
und kommt ihm doch nicht näher.
Nicht mal ein kleines Stück.

Der Clown

Der Clown, der gute, alte lacht.
Die Kinder schreien laut,
wenn er dem bösen Tiger
eins auf die Schnauze haut.
Er spielt auch Mandoline,
auf einem Holzgewehr,
in der vergorenen Luft
riecht es nach heißem Teer.

Die Tiere in den Gattern,
sind hungrig und nervös.
Die Wächter spielen Karten.
Die Wächter die sind bös.

Man wirft die armen Christen
den Löwen hin zum Fraß.
Der Clown er lacht und sagt:
Es ist doch nur ein Spaß.
Die Leute jubeln laut.
Das Blut ist heiß und rot.
Wer da nicht lachen kann,
der ist bald selber tot.

Drum schlägt man sich mit klatschen,
die Schenkel lachend blau.
Die Sonne ist gestorben
Der Schmerz ist hässlich grau.

So macht er seine Späße,
der alte Zirkusclown.
In der verrückten Manege.
Wir stehen da und schaun.

Abschied

Und wieder fallen Steine
vom Mond mir in’s Glas.
Und wieder wachsen Zweifel
aus dem verbrannten Gras.
Und wieder stürz ich ab,
nach einem kurzen Flug.
Und wieder fährt er ab für mich
der Zug.

Ich weiß es ist meine Schuld.
Ich hab vielleicht zu wenig Geduld,
und kann nicht halten was sich entfernt.
Denn kämpfen hab ich nicht gelernt

Und wieder pack ich
meine Illusionen
in einen Koffer
aus hellen Blütenblättern
Und wieder überlass ich mich
den Wettern,
die um sich beißen
und keinen schonen.

Diesmal war ich so in Zuversicht.
Dachte nicht an jenes rote Licht,
das hinten an den Zügen klebt
und Wehmut in die Nächte webt.

Und immer wieder
immer, immer wieder,
vergrab ich mich
in meine Lieder.
Die Tür bleibt offen
und es zieht.
Nichts bleibt mir.
Nichts als dieses Lied.

Die Herrscher

Die Herrscher – selbst beherrschte ihrer Dogmen,
sind unbeherrscht,
wenn jemand singt.

Die Opfer die sie ihren Göttern bringen,
sind nicht von ihrem Schweiß.

Immer werden die Opfer
erbracht von den Opfern.

Im Schatten von Beton und Stahl

Im Schatten von Beton und Stahl
steht die Vergangenheit bereit.
Mit breiten Armen lädt sie ein,
zu fliegen in die Kinderzeit.
Weg von den Straßen dieser Stadt,
die nichts als Künstlichkeiten hat.

Refr.
Und über allem ist ein Hauch
von Freiheit, Sehnsucht, Kindereien
Ich beiße mich dran fest,
und versuch dabei zu sein.

Es riecht nach Pferdemist und Pferdeschweiß
Die Luft perlt über’m Zirkuszelt.
Das Licht von tausend bunten Lampions
erhellt ein Stück der kalten Welt.
Die Ruder der Galeeren brechen,
wenn Gauklerpossen sprechen.

Genug, die Blechtrompeten schreien.
Der alte Clown ist schon geschminkt.
Eisverkäuferinnen gehn die Runde
und der Direktor Ruhe winkt.
Ein Kreis von warmem, weichem Licht
trifft auf sein Fettgesicht.

Im Kerzenwachs bin ich ertrunken!

Die Einakter des Lebens, benötigen kein Neon.
Das Wachs hat nach Chemie und Eitelkeit gestunken.

Nach der verlorenen Schlacht,
rühmt sich kein Feldherr gern.
Er segnet die Kanonen,
hofft auf seinen Gott
und wartet auf die Nacht.

Ich konnte noch nie beten.
Ich hab es nicht gelernt.
Vielleicht bin ich deswegen
soweit von mir entfernt.

Im Wachs bin ich ertrunken,
doch noch bin ich nicht tot.
Mein Mut ist mir versunken
weil:
Ich war noch nie in Not.

Nach einer Information aus der Zeitung

In Wien da sterben die Kaffees aus.
Ich würd gern zur Beerdigung fahren.
Weinen!
Und dann mit der ganzen Trauergemeinde,
bevor die Särge in die Grube sinken,
noch einmal gemeinsam Kaffee trinken.

Vielleicht auch, dass die Sargträger stolpern,
wie bei Schneewittchen und den Zwergen
man wieder zu sich kommt,
aufsteht,
und in ein echt Wiener Kaffeehaus geht.

Die Tassen lasst uns heben,
die Kaffees sollen leben.

Wieder eine Nacht durchgewacht

Wieder eine Nacht durchgewacht
kein Auge zugemacht
Und jetzt ist Morgen.
In’s Kissen geflennt, in’s Zimmer gespuckt,
Wermut geschluckt
Und jetzt ist Morgen

Der Ascher ist voll und stinkt mich an
dein leeres Bett grinst von nebenan
Und jetzt ist Morgen.
Mein Kopf ist ein Kessel in dem es kocht.
In dem heißer Dampf an die Schläfen pocht
Und jetzt ist Morgen.

Ich bin mal wieder uneins mit mir
Bin so voll von Lebensgier
Doch bring mein Fleisch nicht hoch,
doch brings nicht hoch.

Über’m Haus fährt die Sonne raus,
der Schlachthof spuckt die Nachtschicht aus
am Morgen
Graue müde Nachtgesichter
schwimmen durch die Morgenlichter
am Morgen

Und ich trete durch die Tür der Nacht
hinaus in den Tag der wie der erste lacht
am Morgen
Weiter, weiter in die Zeiten
fort mit den Bedenklichkeiten
denn es ist Morgen

Meine Gier treibt mich hoch
und ich bin wieder mein
renne die schweren Türen ein
die sich mir nicht ergeben
denn ich will leben
denn ich will leben.

Jahres. – und Lebenszeitliches

Nun will ich neue Lieder singen

Nun will ich neue Lieder singen,
nicht mehr den Schnee vom letzten Jahr,
in dem ich noch so traurig
und so beschissen mutlos war.

Kommt wir tanzen um die Linde.
Geschwind herbei ihr Lotterpack.
Gießt Wein ein würzt den Braten.
Frisch auf gespielt den Dudelsack.

Wir pissen in den Wind
und machen uns nichts draus,
wenn unsre Kleider feucht sind.
Die Hitz am Ofen trocknet’s aus.

Wir werfen uns das Lachen
wie bunte Bälle zu.
Fort mit den trüben Sorgen,
fort mit der schalen Ruh.

Wenn wir im Tanz uns drehen
mit einem schönen Kind,
dann spüren wir es scharf,
dass wir am Leben sind.

Vivaldis Geigen

Vivaldi
Vivaldis Geigen tanzen durch die hellen Räume.
Es ist der Frühling der da singt.
Dralle Bauernmädchen heben die Röcke
und drehen sich.

Träume fliegen ihnen voraus.

Wir baden in klaren Gebirgsbächen
und
sind zufrieden.
Die Musik baut kunstvolle, gewaltige Bögen
aus klaren Klängen.
(Sanfte, geschwungene Blumen aus luftigem Stein)
Und Breite Straßen in das Land.
Pause

Dann ein Chor von tausend Tönen.
Alles reißt er mit.
Es gibt kein entrinnen.
Wir sind gefangen.
Alles ertrinkt in einem Meer von Reizen.

Über uns die Sonne
unter uns das Meer
und ein endloses Blau.
Gewitter krachen – Sturm donnert.
Alles reißt er mit,
es gibt kein entrinnen.
Wir sind gefangen.
Vivaldis Geigen toben durch die hellen Räume.
Es ist der Frühling der da singt.

Frühlingslied 1

Es liegt, es liegt, es liegt, es liegt,
es liegt was in der Luft.
Es steigt der Saft und man spürt des Frühlings Duft.

Frau Meier von nebenan nun wieder singt,
weil der Mann ihr endlich wieder Freude bringt.
Im Park auf den Bänken geht es wieder scharf und
mancher fragt sich ob er das auf Bänken denn darf.

Im Kopf da bin ich schon ganz wirsch
Ich zieh mich an und gehe auf die Pirsch
So manches junge Rehkitz nehm ich auf mein Korn
und hab ich getroffen stoß ich in das Horn.

Und das Frühling und Sonne uns den Sommer bringen,
lasst uns noch einmal gemeinsam singen.

Frühlingslied 2

Hab vom Schnee so satt
den Frühling in den Knochen.
Spür das befreite Blut
bis in den Schädel pochen.

Ein warmer Wind fährt mir unter’s Hemd
Ich will von der Stell‘
Mir juckt das Fell

Die Erde dampft
man kann sie riechen
Ich werf die Krücken fort
will nicht mehr kriechen

Ein warmer Wind
fährt mir unter’s Hemd
Ich will von der Stell‘
Mir juckt das Fell

Komm, komm, komm auch dir juckt das Fell
Komm, komm, komm ich weiß es komm schnell
Komm, komm, komm es ist nicht Zeit zu schwatzen
wenn es juckt muss man kratzen.

Der Frühling wird kommen
und wird mit seinem Licht
Eis und Schnee nehmen
nur meine Sorgen nicht.

Ein warmer Wind
fährt mir in’s Gesicht
Kann ich von der Stell‘?
Ich weiß es nicht.

Frühling

Der Frühling kommt gezogen
und setzt sich in die Zeit.
Im Flieder knistert es und drängt,
doch ist’s noch nicht so weit.

Es weht schon wärmer um mein Herz.
Der Frühling fegt den Schnee vom Land.
Ich halt das erste Krokus
staunend in der Hand.

Der Frühling kommt gezogen.
Vivaldis Geigen singen
und heben sich empor
auf schwerelosen Schwingen.

Es weht schon wärmer um mein Herz
und ach in all dem Grün,
fühl ich wie meine Wünsche,
meine Träume wieder blühn.

Frühling 2

Als wir in den Frühling zogen, waren unsere Schuhe
noch nass vom Schnee des Winters
aber,
je weiter wir in die befreite Landschaft traten,
desto wärmer wurde uns und
wir spürten die klammen Schuhe nicht mehr.

Als uns die Schuhe dann von den Füßen fielen,
war es inzwischen Sommer
und wir zogen barfuß weiter.
denn,
Im Sommer stört es nicht, hat man nichts an den Füßen.
Man fühlt sich frei und es geht sich besser.

Doch,
als der Herbst sich in die Bäume setzte,
schoben wir das Laub
mit unseren nackten Zehen zuhauf und
gedachten entsetzt dem Winter,
der bald in’s Land ziehen musste und,
Wir sahen ein,
dass wir gedankenlos gewesen waren.

Knospen knallen

Knospen knallen. Röcke wallen.
Und es ist ein Duft in allem,
wenn die Winterschleier fallen.
Wenn sie fallen, fallen, fallen.
Es ist Frühling in der Stadt.

Männer schau’n nach Frauen aus.
Die Frauen machen sich nichts draus.
Und aus jedem Haus
kehrt man den Winterdreck heraus.
Es ist Frühling in der Stadt.

Ich gehe auf die Straße
in Richtung Ofenblase.
Ich hab den Winter satt,
trink auf den Frühling in der Stadt.
Auf den Frühling in der Stadt.

Sommer

Der Sommer kriecht asthmatisch über’s Land
Verführer – müde legt er sich in das trockene Gras.
Es flirrt und sirrt, es saust und braust.
Die Luft ist aus Blei.

Die Harfen hüpfen ein Stakkato um das Haus.
Meidend den Schatten zerren sie mich in das Licht.
Ich schlage Purzelbaum,
renne mit den Mücken Wette.
Ich habe Lust auf Weiß nicht was.
Ich habe Lust auf Weiß nicht was.
Eine riesengroße, brennende Lust.

Und da ist immer noch dieser wilde Dreiviertel.
Die Harfen hüpfen ein Stakkato um das Haus.

Und dann:
Das Blei schmilzt
Die Welt kommt in Bewegung
Dicke Tropfen perlen vom Himmel
Ich bade in Pfützen
Und habe Lust auf Weiß nicht was.

Vivaldis Geigen klettern auf Bäume.
Von da lachen sie auf die Erde herab – patschnass.
Ich lache mit
Es ist Sommer.

Ich möcht im Sommer, Nachts

Ich möcht im Sommer, nachts,
auf alten Bäumen schlafen.
Weit von der heißen Erde
und näher dem Mond.
Ich könnte in die Fenster sehen,
der Bürger all der braven,
die nicht wissen,
dass im Baum vorm Haus jemand wohnt.

Und ich würde singen
wie die Nachtigall.
Würd alle um die Ruhe bringen.
Dass niemand schlafen kann
und sich auf seine Frau
besinnt der müde Mann.

Ich möcht im Sommer, nachts,
auf den stillen Laternen hocken.
Den Zechern leuchtete, leuchtete ich heim.
Ich würde die späten Mädchen
mit meinen frechen Liedern locken.
Für jede hätt ich einen Extrareim.
Und ich würde singen…
Ich möchte im Sommer, nachts,
ein Stück vom Mondlicht sein,
das warm in die Schlafzimmer fällt.
Dass dort mein indiskreter Schein,
die Liebenden beim Spiel erhellt,
dass dort mein Schein die Liebenden erhellt.

Und ich würde singen
wie die Nachtigall.
Würd alle um die Ruhe bringen.
Dass niemand schlafen kann
und sich auf seine Frau
besinnt der müde Mann.

Nackt wolln wir heute baden

Nackt wolln wir heute baden
die Sonne brennt so heiß
Wir spülen von den Körpern
den grauen Alltagsschweiß

Wasser perlt auf Deinen Brüsten
und funkelt froh im Licht.
Ich küss die Tropfen fort
Fort von der Brust, fort vom Gesicht.

Nackt wolln wir heute baden,
nichts an als unsre Scheu
Müde dann vom schwimmen
schlafen wir im Heu

Das kitzelt unsre Sinne
und macht, dass wir uns traun
zu lieben vor den Andern
Na und, lass doch die Leute schaun.

Komm schweig Dich bei mir aus.

Komm schweig Dich bei mir aus.
Wir lauschen nur dem Wind
der in den Bäumen singt,
wenn wir ganz schweigsam sind.
Komm ruh dich bei mir aus.
Wir gehen einfach fort,
vom Fieber uns’rer Tage
an einen stillen Ort.

Und wir schweigen im Dreivierteltakt
Es schweigt die Welt, es schweigt das Licht
Wir schweigen im Dreivierteltakt,
bis die Lust zum Tanz das Schweigen in uns bricht.
Komm lege dich zu mir,
lass uns nur an uns denken.
Ich will dir Zärtlichkeiten
und etwas Ruhe schenken

Komm schweig dich bei mir aus,
lass die Stille klingen.
Lass in den Bäumen den Wind
ein Lied vom Frieden singen.

Mückenfangen

Los lass uns Mücken fangen
Die Welt ist wie ein Honigglas
Wir saugen uns dran fest
und haben unsren Spaß.

Wir waschen unsre Seelen
und schauen froh in’s Jahr.
Sorgenfrei und unbeschwert
Den Feldern wächst das gelbe Haar.

Die Sonne wird erwachsen
es kann nicht anders sein.
Die Hitze macht uns müde,
doch keiner schläft allein.

Der Schweiß schmeckt etwas salzig
und rinnt das Kinn hinab.
Man wirft die Arbeit fort
und badet nicht zu knapp.

Der Sommer geht die Runde
Packt uns mit heißen Zangen
Die Welt ist wie ein Honigglas
Los lass uns Mücken fangen

Herbst

Der Herbst patscht durch die Straßen
und treibt den Sommer fort.
Vivaldis Geigen weinen
und Stürme stehn vor Ort.

Bunte Drachen steigen in den Himmel auf.
Sie grinsen auf uns runter.
Die Blätter falln zuhauf.
Der Sommer geht im Largo

Vivaldi schrieb nicht für Posaunen.
Wer zählt denn all die Lieben,
die mit den Blättern falln, den braunen.
Es ist ein Abschied voll von Wein
Hoch den vollen Krug.

Das Jahr, es geht die Runde
und hat vom Sommer schon genug.
Die Zeit geht fort und wartet nicht.
Sie geht durch’s Jahr spazieren
und in den stillen Zimmern fängt’s
mich langsam an zu frieren.

Sturm

Diese Stille vor dem Sturm
Nur der Wind holt kräftig aus.
Kein Blatt das sich bewegt
und jeder rennt nach Haus.

Dann platzt es dicke Tropfen
vom grauen Wolkendach.
Ein Blitz zerreißt den Schleier
der Donner folgt ihm nach.

Ich schlage meine Hosen hoch
und zieh die Schuhe aus.
Ich liebe Sommergewitter
und mache mir nichts draus.

Äpfelchen

Äpfelchen, ach komm
fall mir doch in den Schoß
Ich kann Dich nicht erlangen.
Ich bin halt nicht so groß

Komm falle mir doch zu,
und mache Dir nicht draus.
Ich trage Dich behutsam
und zärtlich in mein Haus.

Du bist so schön so rot
Du scheinst so reif, so munter.
Lass doch Dein langes Zieren
und komm zu mir herunter.

Und lass Dir sagen stolze Frucht
Du bist die Einz’ge nicht am Ort
die reif ist und so schön,
komm oder ich geh fort.

Und wenn Du Dich nicht schenkst
brennt Dir das Sonnenlicht
Runzeln in die Haut
gerbt Dir Dein Saftgesicht.

Dann wird Dich keiner wolln,
wenn Du vertrocknet bist.
Ein abgeklärter Gärtner
wirft Dich auf den Mist.

Oder glaube mir ein altes Weib
kocht Apfelmus aus Dir.

Herbstlied oder optimistisches Lied

Kahler Bäume Früchtetraum
ist längst ausgeträumt und Schaum.
Durch den Nebel klingt ein Lied,
das durch geheizte Zimmer zieht.
In denen satte Menschen hocken
zufrieden, kalt und trocken.
Trostlos Zeit und Sinn
in dem ich ganz gefangen bin.

Trostlos ist das Lied und alt
von den Tagen kurz und kalt.
Männer sich den Bauch warm saufen.
Frauen die suchend durch Kneipen laufen.
Eine noch am Gashahn dreht,
bevor sie alleine schlafen geht.
Trostlos Zeit und Sinn
in dem ich ganz gefangen bin.

Gesellschaft Du gibst Wärme und Licht
Nur an kalten Tagen nicht.
Wenn der Sturm uns kämmt,
den Fluss über’s Ufer schwemmt,
dann kommt es, dass man schlicht und dreist,
auf Dich und Deine Phrasen scheißt.
Trostlos Zeit und Sinn
in dem ich ganz gefangen bin.

Das alte Lied

Wir singen das alte Lied
vom Kommen und Vergehen.
Vivaldis Geigen flüstern,
man kann sie kaum verstehen.

Herbst steht auf den Plakaten
die an den Straßen hocken
und uns mit bunten Farben
weit in die Tage locken.

Dem Jahr wächst schon ein Bart.
Es geht bereits am Stock.
Man sieht kaum noch ein Mädchen
in einem kurzen Rock.

Die Malermeister neiden
dem Herbst die Farbenpracht.
Der Anzug ist dem Jahr zu klein,
dass es in allen Nähten kracht.

Wir singen das alte Lied
vom Kommen und Vergehen.
Vivaldis Geigen flüstern,
man kann sie kaum verstehen.

Winter

Mitunter kann der Winter scheußlich sein.
Da nützt es nichts an einem Grog zu nippen.
Sich einzureden, dass er wärmt,
und mit dem kalten Fuß zu wippen.
Da hilft nur in ein Bett zu kriechen,
in dem Du nicht alleine bist.

In dem ein heißes Frauchen macht,
dass Du den Winterwind vergisst.
Mitunter kann der Winter scheußlich sein.
So kalt und stumpf, so leer und grau.
Da hilft kein Ofen, hilft kein Grog,
da hilft nur eine Frau.

Das alte Jahr

Nun strahlt in jedem Kindertraum
ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum.
Er strahlt, er scheint zu blühn,
wenn seine warmen Lichter glühn.

Jetzt hat es keinen Sinn mehr,
dass man noch holt was man versäumt.
Dass man versucht sich das zu fangen,
was man ein langes Jahr geträumt.

Noch träumen wir vom Alleswenden.
Noch geben wir uns unsren Träumen hin.
Nur ist’s in diesem Jahr schon spät
und hat kaum noch den rechten Sinn.

Es blüht in jedem Kindertraum
die Mär vom Onkel Weihnachtsmann.
Wir sind schon alt geworden
und glauben leider nicht mehr dran.

Das Jahr kennt seine letzte Stunde
und richtet sich drauf ein.
Gut, daß ich nicht so weise
wie das alte Jahr kann sein.

Soll’s denn das schon gewesen sein?

Soll’s denn das schon gewesen sein?
Das Leben so stinknormal.
Die Tage baden in Langeweile.
Die Tage werden mir zur Qual.
Ich verwechsle schon die Wochen
und dicke Jahre wandern
an mir vorbei und sind sich gleich
wie ein Ei dem andern.

Refr.
Ich möcht noch mal in Deine Augen blicken,
Mich in’s Vergangene schicken.
An Deine Lippen mich verschenken.
In Deinen weichen, warmen Schoß mich senken.
Du unvergessen, frohe Zeit
meiner Kindheit

Es schiebt, es drängt, es zerrt und zieht
Die Ohren sausen mir.
Weiter, weiter, Kommen und Gehen.
Gestern im Licht und heute hier.
Lebenswellen über’m Haupt
zusammenschlagend, Salzgeschmack
Ertrinkend trag das Zeitgespinnst,
das Alter ich im Huckepack.

Das kann’s noch nicht gewesen sein.
Die Uhren sollen stehen!
Ich würd so gern noch mal von vorn
die Lebenskurbel drehen.
Doch die Uhren scheren sich den Dreck
um solch dummes Flehen.
Und Stunde um Stunde sich unbarmherzig
die Zeiger weiterdrehen.

Kinderlieder und Ulklieder

Sie lebt einsam, in einem Garten

Sie lebt einsam, in einem Garten,
einem Garten der Fantasie.
Sie ist ein Kind noch in ihren Wünschen.
Ein Kind noch wenn sie träumt.

Und wir sehen schon die Frau in ihr,
ihren Körper, ihren roten Mund.
Wollen sie nehmen, wenn wir betrunken sind,
doch sie ist ein Kind noch, ein großes Kind.

Wenn ein wenig vom Kind in uns noch wär.
Von der Zeit in der man Knallfrösche baut.
In der man die Mädchen an den Zöpfen zieht
und neugierig zu den Liebenden sieht.

Wir würden sicher dann manches besser verstehn,
mit den Augen der Kinder gesehn.
Wenn ein wenig Kind noch in uns wär.
Gebt Eure Kindheit nicht so schnell her.

Kinder malen

Kinder malen die Sonne gelb
Malen ihr Augen und Mund
Malen den Schornstein
schräg auf das Haus
Und hat der Ball Ecken,
dass macht gar nichts aus.
Die Wiese wird blau
und das Pferd ist bunt.
Na und ?

Kinder malen, wie sie die Welt verstehen
Sie ist bunt, lustig und rund
Na und ?

Ich hab’s verlernt, die Welt so zu sehn.

Eine Tür schlägt zu

Eine Tür schlägt zu.
Du stehst wieder draußen.
Es ist kalt, ein kalter Wind.
Du glückloses Kind

Eine Tür schlägt zu.
Du gehst allein davon.
Weißt nicht wo Freunde sind.
Du glückloses Kind

Eine Tür schlägt zu.
Du hast verloren.
Ein And’rer gewinnt.
Du glückloses Kind.

Bleibt von einer Hoffnung
nur Erinnerung.
Bleibt von Deinen Träumen
nichts als kalter Rauch
und Deine Zeit verrinnt.
Du glückloses Kind

Klein Fritz geht gern spazieren

Klein Fritz geht gern spazieren,
mit der Mutter an der Hand,
In den Tierpark zu den Tieren.
In den Tierpark zu den Tieren.

Klein Fritz geht gern spazieren
und er hält sich an der Mutter fest.
Damit sie sich nicht verlieren,
im Tierpark bei den Tieren.
Im Tierpark bei den Tieren.

Klein Fritz geht gern spazieren
mit der Mutter an der Hand.
Und lässt sie ihn mal los,
geht er eben auf allen Vieren.
Im Tierpark bei den Tieren.
Im Tierpark bei den Tieren.

Das Nashorn

Das Ni Na Ni Na Nashorn
Das Ni Na Ni Na Nashorn
Das Nashorn hat ein Horn.
Das hat es ganz weit vorn
auf dem großen Maul.
Das Nashorn ist auch faul.

Drum sieht man es meist grasen
und niemals hört man’s blasen,
auf seinem ganz weit vorn
fest angebrachtem Horn.

Das Nashorn ist sehr schwer.
Das kommt wohl davon her,
dass es sehr langsam geht,
meist liegt und selten steht.

Des Nashorns kleine Augen
nicht all zu ville taugen.
Drum kann’s nicht sehr weit gucken,
viel weiter kann es spucken.

So lässt es sich leicht fangen
mit Strippen und mit Stangen.
Kommt in den Käfig rein.
Ich möcht kein Nashorn sein.

Paul

Der Paul schreibt an die Hauswand:
Eins plus eins gleich drei.
Ich sag: Das ist nicht richtig!
Es muss doch heißen: zwei!

Da lacht der Paul mich an
und sagt: es bleibt dabei.
Eine Mami und ein Papi
ergibt am Ende: Drei!

Klein Fritz

Klein Fritz(4 Jahre) baut sich aus einer Tageszeitung
(aus der Tageszeitung) ein Papierschiffchen und lässt
es auf dem Teich hinter’m Haus schwimmen.
Auf dem Mast sitzt Willi Brand.
Am Bug lacht die Königin von Engeland.
Luv bekommt Erich Honecker nasse Füße.
Lee stehen brüderliche Kampfesgrüße.
Es steht auch was über Geiselnahme.
Ganz klein so gar noch Mondosreklame.

In einer ganz versteckten Zeitungsritze
erkennt man ein paar Büttnerwitze.
Bei „Unter vier Augen“ steht geschrieben:
Man sollte doch nur Eine lieben.
Maggy Thatcher misst das Lot.
Ich lache.
Hier sitzen alle mal im selben Boot.

Das Mäuschen

Das Mäuschen auf der Treppe sitzt
und mächtig an ’nem Käse schwitzt
Den sie vorher unten im Keller klaute.
Da ist ihr als ob da jemand miaute.

Sie denkt: Och das kann doch nur ’n Irrtum sein,
denn heut ist ja wieder Vollmondschein.
Und da singt der stolze Kater Bert
doch auf dem Dach für seine Liebste
ein Mondscheinnachtkonzert.

Doch wie sie unter Stöhnen um die Ecke biegt,
dort schon der Kater auf der Lauer liegt.
Den Fehler verzeiht sich Mäuschen nie,
heut rief ja auch niemand:
Ruhe! Verdammtes Katzenvieh!

Der Kater sagt ganz höflich:“ Guten Abend“, zu ihr.
So mit freundlichem Lächeln von Tier zu Tier.
Und er nimmt der Maus noch schnell die Beichte ab.
Dann schluckt er sie schmatzend
hinunter, in sein Mäusegrab.

Doch bevor er ihren Qualen ein Ende machte,
erzählte er ihr, wobei er traurig lachte:
Ich hab heut nicht nach meiner Katze gesungen,
weil: Liebe hat ja keinen Sinn mehr,
mir ist was schreckliches passiert.
Mich hat man kastriert.

Komm wir rauben eine Bank aus

Komm wir rauben eine Bank aus.
Räumen dort den Panzerschrank aus.
Und sind wir dann aus der Bank raus,
leben wir in Saus und Braus.

Neulich kam mein Kumpel Kalle
und schrie: Hör mal alte Schnalle,
Ich hab eine Mordsidee
den absoluten Superdreh.
Und mit erhob’nem Zeigefinger
sagt er wir drehn das Ding der Dinger.
Nur vorwärts Alter mit Elan.
Ich habe schon einen Plan.

Der Plan war einfach und famos.
Genial erdacht und wirklich groß.
Kalle zog sich als Weihnachtsmann
und ich mich schlicht als Christkind an.
Völlig klar, dass so maskiert,
der Plan gelingt und nichts passiert.
Zudem hat jeder Weihnachtsmann
einen Sack, in den man Geld tun kann.

Kalle schrie nur Mut altes Haus,
die rücken die Pinke freiwillig raus
und geht es nicht im Guten,
haben Weihnachtsmänner Ruten.
Doch in der Bank hat man gelacht.
Wir hatten nicht daran gedacht,
dass Weihnachtsmann und Christkind
zu Ostern fehl am Platze sind.

Wir haben jetzt ein schönes Zimmer
nur die Wärter lachen immer,
wenn sie Kalle und mich sehen.
Kalle kann das nicht verstehen.
Und schreit sie dann an in höchster Ekstase
das nächst mal mach ich’s als Osterhase.
Nur ist das wieder großer Mist,
wenn dann grad Weihnachten ist.

Die Insel

Sturm fegt über den Ozean,
der Käpt’n zittert um seinen Kahn.
Doch plötzlich bohrt sich ein hartes Riff
unter Knirschen und Splittern in das Schiff
Und es rufen alle Mann:
Rette sich wer kann!

Von der ganzen Mannschaft
retten sich nur zwei.
Den einen verschluckt
schließlich doch noch ein Hai.
Also ist nur noch Einer der es überlebt
und der Ozean von seinem Jubelschrei bebt
Doch plötzlich sieht er ’ne Insel,
glaubt zuerst an einen Scherz,
doch dann schlägt höher sein Herz

Er rettet sich an’s Ufer mit letzter Kraft.
Er glaubt es ist zu Ende, es ist geschafft.
Da schreien ihm sechs nackte Weiber in’s Gesicht:
Wir sind Frauen, Junge, also tue deine Pflicht!
Und jeden Abend schläft er Einer von den Sechsen bei
und sonntags hat er frei.

Diese Schwerstarbeit raubt ihm die Kraft.
Sie nimmt ihm die Freude dran und auch den Saft.
Man sieht ihn jeden Tag am Ufer stehn
und mit Schmerzen im Herzen über’s Meer hinsehn.
Doch eines Tag’s, Mensch du kriegst die Tür nicht zu,
schwimmt ein Mann mit letzter Kraft auf die Insel zu

Er rettet den Ärmsten aus dem tobenden Nass
und glaubt, jetzt macht das Leben wieder Spaß.
Wir teilen uns in die Arbeit rein,
du drei, ich drei, ist das nicht fein?
Da sagt der Andre und lächelt prekär:
Du allein bist mein Begehr.

Und wenn er nicht gestorben ist,
arbeitet er jetzt auch sonntags.

Wär ich doch Regisseur

Wär ich doch Regisseur
Ich hätt’s nur halb so schwer.
Ich säße gähnend im Parkett
und dächte an mein Bett.
Wenn man’s entdeckt, dann sag ich kess
Ein Regisseur lebt stets im Stress.

Ich würd gern mal probieren,
ein Stück zu inszenieren.
Und wär das Stück am End nicht gut,
verließ mich nicht der Mut.
Ich sagt: Ich inszenier schon recht,
jedoch die Schauspieler sind schlecht.

Der Presse sag ich dann:
Ich bin nicht schuld daran.
Die Probenzeit war viel zu knapp,
Die Technik machte schlapp.
Damit wär ich wieder sehr fein raus,
Ich bin schon ein famoses Haus.

Ein Regisseur lebt fein,
nur müsst ich’s erst mal sein.
Drum strample ich mich weiter ab
und halt mich stets im Trab.
Werd ich auch heute noch verkannt:
Erst Regisseur – dann Intendant.

Die Marie

Die Marie war ein Mädchen und sie war wirklich nett
Sie glaubte sie hätte Talent und wollte zum Ballett.
Doch gab es auf dem Wege zur Karriere,
leider eine kleine Barriere.

Sie wog drei Tonnen Lebendgewicht
und das gefiel dem Publikum nicht.
Bei jedem Sprung brach die Bühne ein
Oh Marie lass doch das Tanzen sein.

Sie tanzte den proletarischen Typ
und wenn sie auftrat wurden die Scheinwerfer trüb.
Ihre Partner mussten reihenweis in’s Krankenhaus
doch da, da machte sich die Marie nichts draus.

Wo sie hin und auftrat blieb kein Auge trocken.
Es bogen sich die Balken, von den Wänden fielen Brocken.
Die Marie war so schön und elegant,
wie im Zirkus Busch der schwerste Elefant.

Wenn sie auftrat riss das Publikum aus.
Doch da machte sich die Marie nichts draus.
Einmal ist sie in den Orchestergraben gerollt.
Jetzt ist sie verschollen,
und hat doch so gern tanzen gewollt.

Mutter – mach die Kinder fein

Mutter – mach die Kinder fein
heut soll das große Wenden sein.
Papa zieh den Anzug an.
Vorsicht! Das richtige Abzeichen ran
Den Mantel in den Wind.
Wir wenden uns geschwind.

Wir können nicht in Verruf geraten,
denn wer wir waren und was wir taten,
wir taten’s nie wir waren’s nicht.
Wir waren doch nur ein kleines Licht.
Wir taten doch alles nur gezwungen.
Wir wenden die Hemden und die Zungen.
Wir wolln in Zukunft klüger sein.
Wir sind das Volk – wir seifen’s ein.

Mutter, räum den Kuchen weg,
Gieß fort den Wein, versteck den Speck.
Dreh das Bild, sonst werd ich wild.
Dann lächelt alle harmlos mild.
Kehrt Marsch und Beifall spenden.
Wir winden uns und wenden
den Arsch an die Wand,
zum Wohl für’s Vaterland.

He he Juchnem

He he Juchnem He He Juchnem
Fasst das Glas, das Glas
und singt noch einmal:
He he Juchnem He he Juchnem
Ich lobe mir mein Wässerchen
Es soll in meiner Tasche
Ein Rubel sein, ein Messerchen
und immer: Ne volle Flasche.
Die Arbeit macht das Leben schwer.
Der Wodka macht es toll.
Und ist die Flasche einmal leer
mach ich sie wieder voll.

Piroggen

Piroggen, Piroggen, ich stopf mir meine Socken.
Die Arbeit muss ich selber tun
kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun
stopft mir meine Socken
Piroggen, Piroggen.
Piroggen, Piroggen, ich lass mich nicht verlocken
von gleißnerischem Bürgerschein,
denn Lenin lehrt das muss nicht sein.
Lasst euch nicht verlocken
Piroggen, Piroggen.
Piroggen, Piroggen, ich kürz mir meine Locken.
Doch scharfe Scheren gibt es nicht,
drum mach ich’s mit dem Kerzenlicht.
Das kürzt mir meine Locken
Piroggen, Piroggen.

Ich bin scheen

Ich hab kein Haus. Ich hab kein Schloss.
Mein Konto das ist auch nicht groß.
Doch etwas hab ich, man kann es sehn,
Ich bin scheen – Sie ist scheen.

Ich hab kein Auto, keinen Führerschein.
Man behauptet mein Verstand sei klein.
Doch wie sie’s auch wenden,wie sie’s drehn,
Ich bin scheen – Sie ist scheen.

Lassen sie beim Theaterballen
mal aus versehen was runterfallen,
dann komm ich, die Sonne der Putzkolonne,
räum’n weg den Dreck in die Abfalltonne.

Wenn ich dann so durch’s Publikum schreite,
mit meinem Schrubber an der Seite,
halten sie ihre Männer fest,
weil mich ein Mann nie gleichgültig lässt.

Ich hab kein Das ich hab kein Dies,
mir geht’s weder gut, noch geht es mir mies.
Doch egal wie schlecht die Dinge auch stehn,
Ich bin scheen – Sie ist scheen.

Tret ich auf, treten andre Frauen ab,
Weil ich soviel Charme und Sexappeal hab.
Es bleibt so, muss ich jetzt auch gehn.
Ich bin scheen – Sie ist scheen.

Der Zauberer ist betrunken

Der Zauberer ist betrunken, so schlimm war es noch nie.
Kein Trick der ihm gelingt. Es zittern seine Knie.

Der Grund, die Eisverkäuferin, zu der in Lieb er brennt,
tut immer so als ob sie ihn überhaupt nicht kennt.

So holt aus dem Zylinder, wo sonst das Kaninchen war,
er eine Waschmaschine dem Direktor sträubt sich’s Haar.

Oh Gott nun hat er mit der Säge, ohne hin zu sehn und heiter,
seine Assistentin zweigeteilt, nur weiß er jetzt nicht weiter.

Der Ärmste wankt und sucht voll Verzweiflungswahn,
im Requisitenkoffer, nach einer Tube Klebosan.

Ein Tusch ertönt, die Sensation, in eine Kiste die noch leer
zaubert er nun, wenn es klappt, den Elefanten Jumbo her.

Doch ach, statt Jumbo sitzt, als er die Kiste aufschließt,
ein Pfeife rauchendes Pferd darin, das grinsend Zeitung liest.

Er läuft entsetzt davon, heut haut auch gar nichts hin
und Schuld an alledem ist die Eisverkäuferin

Doch halt, wer klatscht denn da und macht ihm wieder Mut?
Es ist das Publikum, das meint: „Der war noch nie so gut“.

Attraktionen, Sensationen

Attraktionen, Sensationen
Komm’se rin und komm’se rein
sie werden sehen es wird lohnen
Hier ist man Mensch hier darf man sein
Attraktionen, Sensationen
Attraktionen, Sensationen

Es wiegen sich im Tanze
ein Dromedar und eine Maus
nach unvergess’nen Melodien
vom Walzerkönig Johann Strauß
Ein Floh zählt ohne Fehler
bis Zweitausenddreihundertdrei
und rasiert dem Löwen
das Barthaar ab dabei.

Aus dreißig Metern Höhe
springt mutig Bruno Strasser
in eine bereitgestellte Schüssel
halbgefüllt mit Wasser.
Und der Dompteur Herr Fürchtegott
macht dem Löwen Franz
einen Seemannsknoten
in den Löwenschwanz.

Elefanten fressen Seife
und blasen durch die Nasen
in’s staunend stumme Publikum
große Seifenblasen.
Pferde können fliegen
Affen spielen Schach
Die Bären tanzen Polka
und Kinder machen Krach.

Theater einmal anders

Theater einmal anders, das klingt sehr originell
doch braucht man für’s Theater nach wie vor ein dickes Fell
Theater das ist Hektik und ein schöner Schein
So war es und so ist es, so wird es immer sein.

Um 10 beginnt die Probe, doch noch ist nichts komplett.
Der Regisseur fehlt auch noch, er sucht nach einem Brett.
Das fehlt in der Kulisse Es fehlt halt überall
Und so gibt’s schon am Morgen den ersten Krawall.

Jetzt ist das Brett gefunden die Probe sie geht an,
doch da ist auch schon die Zeit für’s Mittagspäuschen ran.
Man geht in die Kantine und man beschließt famos:
Ab zwölfe wird geackert, dann geht die Probe los

Doch um 12 ist eine Sitzung, so fällt die Probe aus,
und alle gehen zerschlagen und müde aus dem Haus.
Die Leitung sitzt im Zimmer und knobelt nun daran,
wie man die Probenzeiten noch besser nutzen kann

Man grübelt, man probiert. Man spart dort wo es geht.
Wir stehen dann am Aushang und auf dem Aushang steht.
Nehmt ihn auf den Strick! Gespuckt nun in die Hände!
Nur wissen wir oft nicht, wer zieht an welchem Ende.

Am Abend geht der Vorhang erbarmungslos dann auf.
Es türmen sich die Pannen, die Fehler gehn zuhauf.
Herr X der spricht den Text, aus einem andern Stück.
Frau Z fällt auf die Nase, die Nase die wird dick

Der Inspizient schreit Hilfe, der Souffleur kriegt große Ohren.
Der Feuerwehrmann an der Seite tut in der Nase bohren.
Doch bringt man’s Stück zu Ende. Und jeder freut sich schon,
auf den rasenden Applaus, des Künstlers schönstem Lohn.

Doch nein, wir wolln nicht meckern, Theaterspielen ist schön.
Auch wenn von Zeit zu Zeit, wir mal auf Schläuchen stehn.
Wo wäre denn der Spaß, wenn alles glatt verlief,
und ging uns nicht wie jedem, mal ab und zu was schief.

So mühen wir uns weiter, bei Tag und in der Nacht
Wir werden das Kind schon schaukeln, das wäre ja gelacht
Und bricht sich wer die Ohren, klebt er sie wieder an,
schleppt sich auf die Bühne und steht dort seinen Mann.

Schreie – Schmerzgedichte 1980

Schreie

Schreie im Dunkel
Schreie – ungehörte, tonlose Schreie
Höchster Schmerz!
Verzweiflungsvolles gepeinigtes Tier „Mensch“

Du Getretener,
Gepeinigter,
Gestoßener.

Bedeckt mit dem Fluch deiner Existenz!

Beschnittener,
Kastrat.

Wehre dich und schreie!!!
Man wird dich nicht hören wollen

Und wird dich hören müssen!

Man wird dir die Zunge ausreißen.
Verachtend diese Gefahr, schreie!
Sauf vom sau’ren Wein des sich Wehrens.

Er kann süß werden mit der Zeit.
Den in dein Glas pissenden Schweinen schrei in’s Gesicht.

Nur die Wahrheit ist –
Ist –
Ist – es – die – nützt.

Angst 1

Grau –
Aus totem Munde kriecht Gewürm –

Ich liege wach –
Teertrinkende Hexen rühren stinkenden Brei –
Tanzen um mich – – –

Es ist Nacht – – –
Ich leide – – –
Mein Atem – heiß
Der Kopf – leer

Ich habe keine Arme mehr – nur Stümpfe
Ich bin im nichts –

Und was das Schlimmste ist:
Ich kann nicht schreien!

Angst 2

Ich habe Angst um dich meine Liebe.
Wenn ich in den nach Gras riechenden Tag trete.
Wenn ich mich in’s Wolkenschiff träume!
Wenn mich die Nacht wach macht mit ihrer Stille.
Dann hab ich Angst um dich
Mein Lieb.

Neuer Mut

Wer lacht an einem toten Tag?
Der Clown der lustige.
Wer küsst mir meine Tränen weg?
Der Clown der nämliche.

Wer weiß denn wo die Sonne wohnt?
Der Mond, er sah sie nie.
Ich habe mir die Flügel gebrochen,
Aber ich glaube ich kann noch gehen.

Man hat mir den Arsch aufgerissen
Es gibt Schlimmeres

Meine Tränen sind alle!
Und „Hellau“ lacht der Clown
Ich hinke mit lahmem Flügel!
Und „Hellau“ lacht der Clown.

Er hat eine Tochter
Die küsste mich
Jetzt hab ich wieder etwas Mut.

Und wieder Angst

Ich habe das Reden verlernt –
Schreie, weil ich nur noch schreien kann –
Stummes Entsetzen auf euren Gesichtern –

Aber warum denn Frank?
Du warst doch immer so lustig?
Auf diese Lustigkeit ist geschissen –

Schauspiel – alles schlechtes Schauspiel
Ich bin ein verzweifelter Narr –
Ich brauche nicht euer Entsetzen –

Ich brauche euch!

Betrogene Hoffnung

Als ich noch Kind,
Und offen war für alles,
wollte ich die Welt in den Taschen
meiner Spielhosen
mit nach hause nehmen.

Doch immer war es nur eine kleine Welt!

Ein Stein
Eine Muschel
Ein Tannenzapfen

Ich sammelte Stück für Stück meiner Welt.

Heute finde ich von Zeit zu Zeit
einen alten Stein zwischen meinen alten Sachen

Und werfe ihn achtlos bei Seite
Ich bin alt geworden.

Pessimistisches Lied

1.
Wenn sich dir wieder die dunklen Schluchten auftun
Über die du glaubtest schon gesprungen zu sein!
Wenn du fällst
In eine dir unbekannte schwarze Tiefe
(und du fällst)
Dann schlägst du auf Fels
Hart – kalt – aus grauem Stein

Hier kannst du schreien
Hier hört dich keiner
Hier stört dich keiner
Hier liebt dich keiner

Hier bist du schon tot,
Bevor dein Körper auf einen Boden aufschlägt,
Auf dem vielleicht sogar Blumen wachsen.
Auf dem du vielleicht glücklich wärst,
Auf dem du leben könntest.

Doch du bist tot!

2.
Wenn dir die schwarzen Vögel singen
Dich um deine Ruhe bringen
Eine Liebe setzt sich dir in’s Blut so rot,
Doch du bist tot

Tot für deine Freunde
Tot für die Welt
Tot vor allem für dich

3.
Sehe den Zug noch mit dem roten Licht!
Du willst doch, du willst mit!!!
Doch so schnell bist du nicht
Irgend jemand – irgend jemand
Stellt dir die Koffer in den weg
Über die du fällst!

4.
Mit der Zeit
Gerät
Nicht einmal mehr der Schrei
Keine Not du bist tot

T o t
T o t !

Mein Lieb – mein Verlorenes

1.
Sag mir nicht
Du hast mich lieb
wenn du kaust dabei!

Sag mir nicht
Es täte dir leid
Wenn du nicht weinst

Sag mir nicht
Du brauchst mich
Wenn du meinst: jetzt nicht!

Es bleibt oft nichts als Reue
Nichts als kaltes Neonlicht
Zuerst vergisst man den Namen
Und bald auch das Gesicht.

2.
Einzug in’s Schloss – die Mauern sind alt
Einzug in’s Schloss – es riecht muffig schon
Schutt – Dreck – Asche
Einzug in ein hartes Herz,
An dem ich mich stoße
Einzug in kalte Augen,
Denn ich sagte:
„Komm schlaf mit mir“
Und: „ich brauche dich“

Einzug in’s nichts – denn ich war blind
Nun stehe ich auf der Strasse wieder
Und mir ist kalt!
Es muss kein Schloss sein

Aber:
Warme Augen und ein Herz,
Dass nicht erst lernen muss eins zu sein.

Meine Sehnsucht

Glitzersternengoldgefunkel
Sonnenstaub im Wärmehauch
Hastiglieb mit Schweißgestöhne
Wonnetränen furchtsam auch

Angstgewimmel Eileschimmel
heiß geschmiegt in’s Kosebett
Lustgeleute – Triebgebeute
Schmuselust und Schmusenett

Nachtgeheuer Unkenschrei
heiserlautig, träumefroh
Liebesfeucht im Bettgebirge
Mädchen – glaub! Ich lieb dich so

Resignation

Letzte Nacht hörte ich ein Konzert,
tief unterm Haar – irgendwann im Schlaf.

Lag begraben unterm Bettgebirg
Und sang den Chor “ wie ich mich fühle „.

Wir sind wie die Briefe, die nie ankommen, weil die Adresse fehlt:
Wie die Tasse die dir fällt, weil deine Hand zittert.
Oh böses Tränenlied: “ wie ich mich fühle „

Betrogen

Man stößt mit dem heißen Kopf gegen Mauern –
Ein düsterer Hinterhof –
Wenig licht – wenig Luft –

Anfangs glaubte man hier atmen zu können –
Aber: aus den Tonnen an den Mauern riecht es Ekel –
Man kann auch nicht raus –

Die Mauern sind hoch, man könnte fallen –
Egal ob man noch lebte –
Man hätte das Genick gebrochen –

Früher spielte man hier –
Jetzt ist alles zu eng –
Man ist reifer geworden – klüger –

Und spürt diese Enge –

Traum

Geh auf einsamer Straße –
Weinend –
Eisblumen pflückend –

Goyas Nachtgespenster grinsen aus hohen Torbögen –
Mir ist so furchtbar kalt –

Und langsam werde auch ich eine Eisblume –
Die Gespenster lachen –
Eiszeit – Erstarrung

Heimlichkeiten

Galopp, Hopp, Hopp
Im immer währenden Slalom rum um die Hindernisse
Umgehend die Verfügungen
Umschleichend die Befehle der Machtgewaltigen

Aber heimlich um Gottes Willen, immer schön heimlich
Willst doch deinen Kopf behalten – oder?
Ein Tor wer böses dabei denkt

Es ist notwendig
Soviel Heimlichkeit in der Lebenszeit
Aber: das alles macht klug
Galopp, Hopp, Hopp

Das Herz

Elender Bettler
Lausbub Egoist
Vielleicht auch Betrüger
Ruhestörer Moralist

Rasendwildklopfer
Träumer Impressionist

Ist mein Herz wenn du nicht bei mir bist

Liebeslied

Wieg mich ein, mach mich müd und froh
Doch träume ich zu fest
Dann lach und küss mich wach –

Wieg mich ein, ganz müde will ich sein
Doch schlaf ich von uns weg
Dann lach und küss mich wach

Dann küss mich bitte wach.

Der Tritt

Ab in’s Leben mit dir –
Schrei nicht! –
Friss was man dir vorsetzt –
Oder: stirb Vogel –

Du bist geboren, also bist du – –
Jetzt heul nicht, wenn es dir nicht gefällt –

Kannst ja gehen –
Heule mit im Rudel – beute aus oder man beutet dich aus –
Sei ein Schwein unter Schweinen – nur so fällst du nicht auf –
Auffallen ist das Ende –
Und vor allem, denke nicht nach –

Das ist schlimmer als auffallen – –

Sonnensucher

A: Mir ist kalt! Ich glaube meine Beine sind Eis!

B: Dein Herz ist’s schon lang!

A: Jetzt sind’s die Beine

B: Reiß sie aus!

A: (reißt sich ein Bein aus) Das Blut dampft. Mir wird wärmer.
Aber die Kälte ist stärker! Sie frisst mich! Bitte hilf mir!

B: Kann nicht helfen. Ich sage doch dein Herz ist’s!

A: (reißt sich das Herz aus dem Leib) Mir ist besser.
Ich glaube es lag am Herz! (A stirbt)

B: (lacht) Ohne Herz lebt sich’s leichter.

Monolog Verzweiflung

V: (zieht seine Hose aus, pisst darauf, onaniert auf die Hose)
Ich weiß, das gehört sich nicht! (zieht die Hose wieder an)
Ich hab’s satt! So satt! Ich kann nicht mehr!
Wenn es einen Gott gibt – wenn es dich gibt, Alter da oben,
dann tue doch was.
Verdammt dann tue doch endlich was.
Ich kann mir nicht helfen.

(versucht sich den Kopf auszureißen – es geht nicht – er schreit)

Ich hab’s satt! Ich kann nicht mehr!
Wenn’s dich Scheißer da oben gibt, dann tue doch was!
Los ich warte! Warte! Tue was!

Angst 3

Ich kann nicht mit dir reden
Ich weiß du bist nicht schuld – aber:
Ich kann’s nicht mehr – oder besser:

Ich konnte es noch nie!
Angst ist da, wenn ich denke, mit dir leben zu müssen. Muss ich?
Ich bin klaftertief in meiner Angst versunken.

In der Angst vor dich hinzutreten und es dir zu sagen,
Dass ich nicht mit dir leben kann.
Ich kann es nicht!!

Es würde dir weh tun
Und das macht mich zaudern.

Liebe?

Mann: Ich glaube ich liebe dich –

Frau: Nimm mich –

Mann: (nimmt sie)

Frau: Zu schnell –

Mann: Wie war’s –

Frau: Ging viel zu schnell –

Mann: Leck mich am Arsch –

Frau: (tut es)

Mann: Schmeckt’s?

Frau: Nach Scheiße –

Mann: Du Sau! Ich liebe dich!

Frau und Mann lecken sich gegenseitig die Ärsche

– aus –

Zeit des Altwerdens

Räderwerk des Vergessens
Gepaart mit dem Gespenst = alt zu sein =
Nicht verstehen wollen –

Nicht vergessen können –
Zeit – Zeit – Zeit –

Hass und Liebe –
Tausendfach in den Jahren –
Kommen und Gehen – Geben und Nehmen –
Schlagen und sich wehren –
Die Hose enger mit der Zeit –
Die Sperma geringer –
Man hat Angst – – will nicht wahrhaben –
Man ist alt

Komm

Ein Blick — geil — aber ein Blick –
Du schwebst hinüber zu ihr – weinst dabei –

Der Existenz einziges Laster –
– – der Sexus – –
Reißt an deinen Lenden –

Lass mich eingehen in dich –
Lasse dich nehmen –
Ich will’s –

Tue dich auf –
klaffendes –
feucht funkelndes –

fleisches Tal der Wonne –
Lass mich fliegen – –

Vom Lieben im Regen

Der Regen wäscht’s ab!
Den Ekel des Fleisches!
Lüsterner Wonne Triebgetier!

Im nassen Brombeerstrauch!
Zerkratzt! Verschlammt! Verkommen!
Umschlingend den Anderen!
Wälzend sich im Dreck!

Gestöhn dabei!
Keine Liebe! Kein Streicheln! Flüstern!
Nur feuchtes Getier!
Aneinander geschmiegt! Geklebt!

Rhythmus ekler!
Das wäscht uns der Regen ab!
Das macht der warme, lüsterne Regen!

Der Idiot

Narr sein – einfach Narr sein –
Nichts spüren – nicht denken müssen –

Leben – weiter nichts –
Nicht denken können –
Ein leben lang Kind sein –
Das Wasser in die Hose abschlagen –
Sich nicht schämen dessen –

Narr sein – nicht spüren, dass man es ist – –

Weinen und Lachen

Ich habe das Weinen verlernt!
Tausendfach der Schmerz!
Macht stumpf – das!

Macht leer!

Ich habe das Weinen verlernt!
Das ist vielleicht gut so!
Aber lachen kann ich auch nicht!
Das habe ich nie gelernt!

Nur undeutlich kann ich mich erinnern,
Gelacht zu haben, in wenigen kinderfrohen Tagen!
Damals wusste ich es nicht besser!

Die Mauer

Stein auf Stein – Stein neben Stein –
Von grünenden Pflanzen – die sich sanft anschmiegen –
An ihr emporwachsen bedeckt –
Die Früchte des Gartens vor Räubern schützend –

Alt – hoch – schön –
Solche Mauern lobe ich –
Sind sie doch nütze –

Ob ihrer Schönheit – ihres Zwecks –

Zwei Seelen

Ich habe meinen Mut und fürchte ihn –
Ich bin vielleicht schon tot –
Versuche doch zu leben – verzweifelt zu leben –
Oft sag ich nein und meine ja –

Bilde mir ein ehrlich zu sein –
Und weiß ich lüge –

Schreibe Gedichte – und glaube es ist sinnlos –
Hasse die Menschen und liebe sie –

Schlafe mit dir und denke an eine andere –

Neuer Mut

Vom Schnee so satt
Habe ich den Frühling in den Knochen –
Fühle mich aufbrechen
Wie die frühlingstrunkenen Knospen –

Und bin stark und froh –
Sonngehauch im Windesflüstern
Fährt mir unter die haut –
Mir juckt das Fell –

Von Kälte steif – eben noch –
Fühle ich das Eis schmelzen –
Mein Herz schreit nach Liebe –
Mir juckt das Fell –

Liebesfeuchtes Fleisch plagt auch dich –
Ich weiß –
Auch dir juckt das Fell –

K o m m –

Besetzt

Besetzt – immer ist besetzt –
Mein ganzes langes – langes Leben –
Nur besetzt –
Man hat Hoffnung – wählt eine Nummer –
Aber – besetzt –

Das ganze scheiß Leben hindurch – besetzt –
Und ich bin 500 Jahre alt –
Immer war schon jemand vor mir da –
Immer kam ich zu spät –
Immer das selbe Zeichen –

– – besetzt – –

Mutter

Mutter warum hast du mich in diese Welt gespien? –
Hast mich geprügelt, mich angeschrien –
Du hast mir mein kommen nie verziehen –
Also warum hast du mich in diese Welt gespien? –
Ein schwacher Baum trägt schlechte Früchte –

Und Kälte macht die Glieder streif – –
Ein hartes Herz, dickes Blut, und wenig Mut –
Das sind die Früchte –
Wenn du nüchtern warst Mutter – selten –

Hast du mir Schlager vorgesungen –
Traurige flache Schnulzen –
Aber es war warm im Zimmer –

Warm war’s im Bett – und selten war’s –
Du hast mich einfach ausgekotzt –
Und wusstest nicht wohin mit mir –
Ließt mich liegen in meiner Scheiße –

Für all diese Liebe – Mutter – danke ich dir – –

Traumverkäufer

Vergessen Sie!
Vergessen ist in!
Im Leben ist sowieso kein Sinn!
Also vergessen Sie!
Vergessen ist in!

Fort

Sie schläft noch,
Wenn ich die Tür leis schließe
Und gehe.

Sie ist noch nicht erwacht.
Wir haben uns in den Nächten
Für einander müd gemacht.

Die Hilflosen

Sie schlagen sich die Köpfe blutig an den harten Mauern –
Blut rinnt in die Augen –
Und macht sie blind –

So rennen sie weiter an
Gegen die lachenden Mauern – –

Auf dem Wasser

Es ist ein Traum auf blauem Wasser gleiten –
Nicht Dinge selbst – nur ihr Bilder sehen –
Und in des Windes dufterfüllten Weiten –
Wie eine Wolke wandelnd einzugehen –

Ein Licht ist’s ohne Ursprung – ohne Ende –
Wie eine Gottheit – in sich selbst erfüllt –
Das auf der Silberbrückenwelle –
Des Abgrunds Tiefe schmückt mit seinem Bild – –

Verlorener Sohn

Geburt

Geh – du bist nicht für uns geboren –
Du würdest sterben – bevor du lebtest –
Geh – hebe dich auf für eine bessere Zeit –
Sohn – du – einziger –
Aber geh nicht so weit –

Weiter

Verlorener Sohn –
Kehre heim – setze dich zu Tisch – lang zu –
Mutterschmerz – gewollter –
Hat dich hinaus geschleudert in die Welt – –

Als du ein Knabe noch warst –
Noch nicht wusstest wohin –
Nahm man dich bei der Hand –

Sagte dir Wahrheiten – mehr noch Lügen –
Doch du glaubtest –
Älter geworden –
Konntest du nicht mehr glauben –

Du hattest schon zu viel gesehen –
Als dass du hättest leben können,
Wie man es von dir verlangte –
Du gingst – –

Jetzt kehre heim –
Das Haus ist zwar nicht reiner –
Aber Zeit aufzuräumen –

Dazu brauchen wir dich –
Kehre heim –
Verlorener Sohn –

Montage

Man hat dich gebaut – Stück für Stück – zusammengefügt
Man setzt dich in Gang – und freut sich – du funktionierst
Du Maschine

Das Schlimme ist du weißt es nicht
Man wechselt schadhafte Teile
Man wacht über dein Wohlbefinden

Du musst funktionieren
Nur so bist du zu gebrauchen

Produktion

Du spuckst aus was sie wollen – eins zwei drei
Du bist programmiert – eins zwei drei
Sie drücken auf die Knöpfe – eins zwei drei
Beuten dich aus – eins zwei drei

Keine Pause – du funktionierst – los schaffe –

Denke nicht – rase – tobe – spuke –
Schneller dreh dich – denke nicht
Los los los los

Renne – rase – tobe – kreische –
Schaffe – schaffe – schaffe – schaffe
Aber denke nicht – los – eins zwei drei – Tempo – Tempo

Defekt

Du hast es satt
Du bist müde – deine Räder verschliffen – am Ende
Du machst falsche Dinge – spuckst nicht mehr aus – dir ist übel

Man hantiert – laboriert – informiert – ignoriert –
Ist hilflos

Jetzt kommt deine Zeit – du beginnst zu denken
Schaffst Dinge, die sie nicht brauchen können

Sie schreien dich an –
Versuchen zu retten –
Sie brauchen dich doch –
Doch du bist satt – läufst rückwärts

Ende – Demontage

Der Schuttabladeplatz der Deformierten
Demontiert – rostzerfressen – stöhnend
Stöhnend mit den nichtamputierten Teilen

Bist verworfen – Aussatz
Hier sind tausende wie du – Morast
Ihr wollt vergessen – aber vergessen ist das Ende

Macht weiter!!!
Produziert, was eure Produzenten nicht wollen

Produziert was euch nützt
Schreit mit den verrosteten Gliedern – macht weiter!!!
Los – macht weiter!!! Weiter!!! Tut was!!! Los!!!

Verbitterung 1

Von meinem Feuer –
Meinem Feuer für euch –
Von meinem Feuer für alle meine Freunde –
Blieb nur kalte Asche –

Ich sitze allein im Zimmer und schreibe –
Schreibe für euch meine Lieder –
Doch keiner will sie hören –

Die Puppen schminken sich und gähnen –
Wer es versteht? – ich weiß nicht –
Und so vergeht – mein Feuer – brennt nieder –
Brennt nieder – nie wieder – nie wieder –

Verbitterung 2

Schielendes Grinsen – stinkender Schleim –
Dreckverseichtes von Liebe faselndes Tier – Mensch
Verdammter Egoist – Tyrann –
Mein Kopf sinkt auf das Papier –
Ich weiß nicht weiter –

Ich hab vielleicht zu wenig versucht da rauszukommen – –

Meldung

Genosse General der Feind ist zerschlagen –
Sie können sich nicht über uns beklagen –
Vieltausend Tote zieren die Wiesen –
Seh’n sie General das Feindesblut fließen –

Seh’n sie wie sie zucken in ihren letzten Zügen –
Bald werden Traktoren sie unterpflügen –
Dann ist nichts mehr von diesen Schweinen zu seh’n
Und alles wird wieder wie früher so schön – –

Altwerden 2

Was ist?
Bist alt geworden?
Warum hast du nicht gelebt?

Bist selber schuld!
Schreie nicht!
Hast noch zeit!
Auch im Herbst!!!

Angst 4

Ein Leben
Erde – Blumen – Liebe – Trunkenheit – Tränen – Kinder – Lachen –
Sonne – Geben – Nehmen

Automatisches Gewehr car 15 usa
Kaliber 5,56 mm
Masse ohne Magazin 2,50 kg
Länge 719 mm
Dralllänge 305 mm
Anfangsgeschwindigkeit 838 m/s
Feuergeschwindigkeit theoretisch 650 – 850 Schuss/min
Theoretisch 650 – 850 Tote pro Minute
650 – 850 Tote pro Minute (theoretisch)

Im Kaffee Leben

Man sitzt – und trinkt –
Wartet – nichts passiert –
Ab und zu kommt jemand kassiert –
Jeder sitzt für sich allein –
Kippt was er bekommt in sich hinein –
Jeder lebt für sich allein – –

Für Kareen

Gib dem Wind meine Lieder –
Gib sie der See – dem Regen –
Gib sie dem Kinderlachen – dem Mutterschmerz –

Steine sollten weinen –
Doch ich glaube ich bin zu schwach –

Sehe Nacht – sehe Träume – Bilder –
Erkenne erst in ihnen meine Kraft –
Wenn ich allein bin mit Freunden –
Schluchten zwischen gespieltem Lächeln –
Grinsen – gespielter Bewunderung –

Dann bin ich stark – möchte schaffen – leben – lieben –

Ich schenke dir meine Verse –
Für dich zum verstehen –
Lebe in ihnen wie in mir –

Sei gut – verstehe mich – gehe mit mir –
Liebe mich und meine Lieder –

Von wem – – zu wem – – bei wem – –
Geht die Welt unter? – –
Ich hasse mich für meine Angst – –

Tritt aus dem Dunkel – –
Du wirst sehen –
Dass du einer jener Schatten warst,
Die du so verachtest – –

1 Mai

1.
Gehen, gehen – auf der Nase stehen –
Seht die roten Fahnen wehen –
Es ist erster Mai –

2.
Bratwurstschlangen – anstellen – Pilsnerurquellen
Volk lass dich prellen –
Es ist erster Mai –

3.
Vorwärts –
Hurra –
Mit „Kling Klong Klang“ –
Die große schöne Straße lang –
Auf den Lippen Arbeitergesang –

4.
Stille Nacht heilige Nacht –
Mein Gott was habt ihr draus gemacht –
Es wird auf Zeichen geredet, gelacht –
Gesoffen, dass die Schwarte kracht –
Parteiabzeichen heut an’s Revers –
Kartoffelbrei mit ei, ei, ei –
Bonzengerede Bonzengeschrei –
Die Fahne hoch – es ist erster Mai –

5.
Kinderschreien Menschenmassen –
Ringelpietz mit Händchenfassen –
Ihr seid die stärkste aller Klassen –
Klunker Klimper Ordenkassen –
Wir sind mal alle wieder dabei –
Lirum larum eins zwei drei –
Vorwärts – hurra – es ist erster Mai –

Liebe

Warten auf sie –

Warten auf die braunen Haare –
Auf zwei kluge Augen, die auch fragen –
Einen Mund, der auch streitet –
Warten auf sie –

Auf ihre Art das Brot zu schneiden –
Auf ihr Lachen –
Ihren Körper –
Dass sie von ihrer Arbeit spricht –
Warten auf sie –

Warten, dass sie mich anhört –
Warten, dass sie mir antwortet –
Warten auf sie und ihre Liebe –
Vor allem ihre Liebe

Entscheidung

Verbrannte die alten Zeitungen – Streichhölzer liegen zerbrochen
Auf dem Boden die Asche der letzten Zigarette – –

Wollte die Glaskugel mit den Bildern von gestern zerschlagen –
Hob sie hoch und sah mich und meine Frau – –
Meine Hand zitterte, als ich sie auf den Gehsteig warf –
Die Kugel – –

Entschuldige Mädchen – unsere Nächte – meine Worte –
Entschuldige mein Lachen – meine streichelnde Hand –
Entschuldige die bunte nichtzersprungene Glaskugel –
In meiner Tasche –

Ich kann nicht!

Mutter 2

Mutter warum hast du mich geboren?
In dieses Land? In diese zeit?
Hättest du Mutter, es dir überlegt
Du hättest mir erspart dieses Leid

Man zieht mich an den Haaren
Und stößt mich in den Dreck,
Und fragt: was willst du!?!
Halts Maul oder verreck!

Man sperrt mir meine Freunde ein
Verbrennt mir meine Lieder
Und wenn ich aufstehen will,
Schlägt man mich wieder nieder.

Sie prügeln uns’re Seelen tot
Und sind wir stumpf und leer,
Wie die Steine in der Mauer,
Dann erst fürchten sie uns nicht mehr.

Altwerden 3

Krumm wie ein vom Sturm geknickter Baum –
Eine Hand auf dem Rücken –
Mit der anderen zitternd, tastend, stützend
Auf die Tische und Stühle –
Geht er zu seinem Platz im Kaffeehaus – sein Platz –

Jeden Tag eine Tasse Kaffee – seine Zeitung –
Die Kellner sagen Opa –
Arbeitsschuhe – kein Hemd –
Nur eine Jacke auf dem alten Körper –

Jeden Tag –

Ich mag ihn mit seiner Tasse Kaffee, seiner Zeitung – – – –

Heute –
Vermisst –
Er war nicht da –

Nie wieder eine Tasse Kaffee, seine Zeitung –

Nach einer Information aus der Zeitung

In Wien da sterben die Kaffees aus –
Ich würde gern zur Beerdigung fahren –
Und dann mit der ganzen Trauergemeinde –
Bevor die Särge in die Grube sinken –
Noch einmal gemeinsam Kaffee trinken –

Vielleicht auch, dass die Sargträger stolpern –
Wie bei Schneewittchen und den Zwergen –
Man sich besinnt – aufsteht –
Und in ein echt Wiener Kaffeehaus geht –

Gewisse Kaffees

Sturm peitscht draußen –
Safrantorte – Blaubeermus –
In stillen ecken sitzen Gipsköpfe –

Breitmäulige Männer verschlingen den ahnungslosen Jüngling –
Gin-Tonic saufend wie Pferde das Wasser –

Fettpölstrige Frauen quatschen über Kunst –
Der Kaffee schmeckt nach Schnee – die Gespräche auch –
Schweine in Fräcken –
Von Zeit zu Zeit – ein Mensch –

Oh ihr Ungeheuer günstlich künstlichen Ungeheuer –
Wie lieb seid ihr mir geworden – in eurer vertrauten Umgebung –
In diesen teuren Moccakaffeehäusern –
Pisst euch doch meinethalben auf den Kopf –

Ich sehe zu – –

Aus

Du bist im aus –
Die Wolken – die dunklen – über dir –
Verjagst du nicht mit deinem Geschreibsel –
Versuch es – du wirst sehen es nützt nichts –

Aber: Vielleicht tröstet es dich – Nur eine Sekunde –
Dann Schreibe –

Doch besser, man schreit nicht nur in’s Papier –
Papier ist geduldig –

Schluss

Noch bin ich nicht
So
Wie ich war.

Ein froher Narr,

Der aller seiner Tränen lacht.
Doch mit der Zeit

Vergeht der Schmerz
Und sacht sanz sacht.

Wird ein neues Lied gemacht.

Soundreise – Auswahl für CD

Intro

Den Klängen dunkler Einsamkeiten
Will sich mein müder Geist ergeben
Will nicht mehr fliegen, nicht mehr streiten
Nur ganz zurück gezogen leben.

So willenlos sich treiben lassen
Im Strom der ungelebten Träume
Nichts wünschen, lieben und nichts hassen
Nichts als unendlich weite Räume.

Ein großes Schweigen wächst empor
Nichts mehr von Sorgen, nichts von Not
Still öffnet sich ein großes Tor

Dahinter Ruhe – ist das der Tod?

Der Frühling

Ein Lied ist mir gestorben
Heut Nacht im grauen Schnee
Es hat um Dich geworben
Jetzt bleibst Du und ich geh

Die Nacht hält mich gefangen
zerstoben ist der Klang
Ich hör den letzten Ton noch
Vom letzten Lied, das ich Dir sang

Du spürst den Rest der Wärme
Die noch im Laken blieb
Bevor der Schmerz der Liebe
Mich schließlich weiter trieb.

Ich gab Dir meine Träume
Und viel von meinem Ich
Du bist voll Angst geflohen
zu nah war ich für Dich

Mein Atem noch im Zimmer
Ein letzter Rest von Sein
Schwimmt durch das offene Fenster
In den Morgenschein.

Der Schrei der Städte

Kannst Du den Schrei der Städte hören,
vom grauen Frühlingsschnee gedämmt ?
Kannst Du die grellen Münder sehen,
und Angst die dunkle Ufer schwemmt ?
Siehst Du die Not in meinen Augen ?
Hab nicht mal mehr den Mut zu Fragen.
Schmeck Tränen die für Trost nicht taugen.
Hab solche Furcht vor solchen Tagen.

Komm, komm und lass uns südwärts ziehen
Es will und will nicht wärmer werden.
Kein Platz für Hoffnung, – Engelstränen
fallen von den Sternen auf die Erden.
Komm, komm und lass und südwärts ziehen

Da ist nur ein Weg der aus den Tiefen führt
Es gibt nur eine Antwort auf die Fragen
Ich leb‘ für Dich und Du für mich
in diesen grau durchwebten Tagen

Kannst Du die Gier der Seelen spüren
Die heiß in Bettgebirgen ringen?
Die sich durch Labyrinthe führen
in denen Lügen die Erfüllung bringen.
Hörst du die Schwüre – atemlos
im Kampf der Leiber hingehaucht.
In Hoffnung nur ein Stück zu finden
der Wärme die man doch so braucht.

Komm, komm und lass uns südwärts ziehen
Es will und will nicht wärmer werden.
Kein Platz für Hoffnung, – Engelstränen
fallen von den Fenstern auf die Erden.
Komm, komm und lass und südwärts ziehen0

Ich kann das alles nicht mehr führen
Ich kann das alles nicht verstehen
Komm aus und lass uns fort von hier
Lass uns zu uns und uns jetzt gehen

Hab vom Schnee so satt

Hab vom Schnee so satt
den Frühling in den Knochen.
Spür das befreite Blut
bis in den Schädel pochen.

Ein warmer Wind fährt mir unter’s Hemd
Ich will von der Stell‘
Mir juckt das Fell

Die Erde dampft
man kann sie riechen
Ich werf’ die Krücken fort
will nicht mehr kriechen

Ein warmer Wind fährt mir unter’s Hemd
Ich will von der Stell‘
Mir juckt das Fell

Komm, komm, komm auch Dir juckt das Fell
Komm, komm, komm ich weiß es komm schnell
Komm, komm, komm es ist nicht Zeit zu schwatzen
wenn es juckt muss man kratzen.

Der Frühling wird kommen
und wird mit seinem Licht
Eis und Schnee nehmen
nur meine Sorgen nicht.

Ein warmer Wind
fährt mir in’s Gesicht
Kann ich von der Stell‘?
Ich weiß es nicht.

Der Sommer

Es ist ein Traum auf blauem Wasser gleiten.
Nicht Dinge selbst, nur ihre Schatten sehen.
Und in des Windes dufterfüllten Weiten,
Wie eine Wolke wandelnd einzugehen.
Ein Licht ist’s ohne Ursprung, ohne Quelle
Wie eine Gottheit – In sich selbst erfüllt.
Das auf der Silberbrückenwelle
Des Abgrunds Tiefe schmückt mit seinem Bild.

Der Tag

Der Tag geht auf in meiner Seele wie ein Traum
Wie ein Traum blüht der Tag auf der Rinde der Welt
Der Morgen läuft über’s Land
Singt in den Fenstern der Stadt
Und lässt die Bäume tanzen.

Unter den kalten Küssen des Eises
Erwacht der Stein und reckt sich empor zum Licht
Die Brücken lassen ihre Kleider fallen
Das Wasser beginnt zu leben,
Das Licht entblößt sich und beschaut sich im Wasser

Die Herzen brechen auf und der Tag ergießt sich
Und der Tag ergießt sich über die Wasserfläche
Sehen hören berühren riechen schmecken denken
Geschmack des Tages hingleitend wie Musik

Der Geschmack eines Mädchens – Den Sommer im Blick
Wer? Wann? Wo? Ich weiß es nicht.
Mein Blick verliert sich auf ihr.
Wie dieser Tag wird sie gehen und kommen
Am nächsten grauen Morgen und mir den Frühling,
das Licht, die Sonne bringen.

Der Platz

Über dem Spiegel des Platzes
steht verlassen noch ein letzter Stern.
Weite aus Nässe und Leere,
eröffnet spektrale Monarchien.
Stummes Spiel zwischen Licht und Dunkel
gestern noch Kampf von Engeln!

Schimmer glänzenden Wassers,
in dem träge bescheidne Träume treiben,
Starr, benetzt mit dem Öl der Sehnsucht,
Zerknittert der Brunnen des Wartens.
Dies und jenes, vom Leben weggeworfen,
Reste vom Festmahl ruheloser Neugier.

Stilles Wandern eines Sterns ohne Eile,
Mit Milde Künftiges kündend.
Die ganze Nacht inmitten des Himmels.
Und die harrenden Glücksbegebenheiten
die verdunsten, begleiten die Stunden aus Nacht,
zwischen Sonnenschattensterben
und Sonnenschattenwiedergeburt.

Der finstre Schicksalsglanz unsres Glücks,
liegt auf diesem Platz, auf diesen nassen Steinen.
Welch Vorbedeutung, die der Deutung sich entzieht wird hier verkündet
Welch Tag schickt sich hier an die Nacht zu nehmen.
Die Stunde funkelt schon und schon ist sichtbar
die Welt, die morgen sein wird.

Sommer, nachts

Ich möcht im Sommer, nachts,
auf alten Bäumen schlafen.
Weit von der heißen Erde
und näher dem Mond.
Ich könnte in die Fenster sehen,
der Bürger all der braven,
die nicht wissen,
dass im Baum vorm Haus jemand wohnt.

Ich möchte im Sommer nachts,
auf den stillen Laternen hocken.
Den Zechern leuchtete, leuchtete ich heim.
Ich würde die späten Mädchen
mit meinen frechen Liedern locken.
Für jede hätt ich einen Extrareim.

Ich möchte im Sommer, nachts,
ein Stück vom Mondlicht sein,
das warm in die Schlafzimmer fällt.
Dass dort mein indiskreter Schein,
die Liebenden beim Spiel erhellt,
dass dort mein Schein die Liebenden erhellt.

Wälder der Einsamkeiten

Hinter den Klängen der Lotusgeigen
Liegen die Wälder der Einsamkeiten
Regenverwaschene Wegweiser zeigen
In längst verlorengegangene Zeiten
Ich möcht jetzt emigrieren
Ganz gleich wohin – nur weit, weit fort von mir
Will endlich nicht mehr frieren –
will raus, will weiter, fort von hier

An diesen Tagen sterben Zuversichten

Will raus, will weiter, fort von hier
Will weiter, will raus, fort von hier

Ich kann mich selber nicht mehr leiden
Sitz auf leer gefressnen Trauerweiden
und erfinde böse Traumgeschichten
An diesen Tagen sterben Zuversichten

Kein Wort, Ein Lachen, Mollakkord
Die Mädchen stolpern andern hinterher
Die Sonne reißt mein Lächeln fort
Es stirbt im weichen Straßenteer

Wie schwarze Schnecken kriechen Eisenbahnen
durchs Land beladen voll mit Fliehenden
und an den Schranken stehe ich
und wink den südwärts Ziehenden

Der Herbst

Ich schwebe durch Klangsymphonien.
vergehe im Hall des Jetzt und Hier.
Treibe weiter taub und blind
Ein Blick von dir vernichtet mich
In einem anderen werd ich wiedergeboren.

Welt aus braun und gelb
zwischen den Kränzen deines Duftes wandelnd
zieh ich durch den Herbst.
Und durch den Herbst, den sanften komm ich zu Dir

Deine Augen – die Wiese vor dem Elternhaus
Dein Bauch ein Platz auf dem die Sonne funkelt
Deine Brüste so reif – reif wie das Korn der Felder
In denen das Leben parallele Mysterien feiert.
Meine Blicke ergreifen dich

Die Welt bist du – die sich dem Leben gibt.
Pfirsichfarben die Landschaft in Dir.
Erntereif Deine Sehnsucht nach Glück.
Komm – Komm zu mir.

Du

Ich rief dich an am Morgen
Doch du, du nahmst nicht ab

Ich sah nach dir am Mittag
Doch du, du sahst mich nicht

Ich kam zu dir am Abend
Doch du, du warst nicht da

Schlief ein vor deiner stillen Tür
Die Seele voll von Lust und Gier
Schlief fest und doch voll Pein
Sah dich in tausend Bildern
Mit andern – andern fröhlich sein.

Ich dacht an dich am Morgen
Doch du, du dachtest nichts

Ich sehnte mich am Mittag
Doch du, du wolltest nicht.

Ich kam zu dir am Abend
Doch du, du sahst mich nicht.

Du kamst und sahst und sagtest nichts
Und wecktest nichts in meinem Schlaf
Warst stumm und schwiegst wartest den Schein
Schrittst über mich in Deine Zimmer
Wollt’st ohne mich und meine Liebe sein.

Wieg mich ein

Wieg mich ein
ganz müde will ich sein.
Doch träume ich zu fest,
dann lach
und küss mich wach.

Wie mich ein
sing mich müd’ und froh.
Doch schlaf ich von uns weg.
Dann
küss mich bitte wach.

Lass Dich noch einmal küssen

Lass Dich noch einmal küssen,
bevor der Tag uns fängt.
Bevor die laute Stadt
an meinen Flügeln sengt.

Lass uns noch einmal fliegen,
bevor ich von Dir geh
und drauss im grünen Fenster
im Spiegelglas mich seh.

Drück bitte meine Hand ,
Du sagst Du hast sie gern,
noch fest an Deine Lippen,
denn bald ist sie Dir fern.

So werd ich ihn noch spüren
Deinen zarten, festen Mund,
wenn ich die Erde reite.
Und nichts reibt mich dann wund.

In den letzten Straßenbahnen,

In den letzten Straßenbahnen,
fährt die Nacht dem Taglicht zu.
Kreischend in sonst stillen Kurven,
fährt sie durch die Morgenruh.

In den letzten Straßenbahnen,
schau ich in die Scheiben nicht.
Hab ich Angst vor meinem müden,
schweißverklebten Nachtgesicht.

Refr Und es fahren auf den Gleisen
All die lauten und die leisen
Nachtverbringer, Träumetänzer
Glücksversucher, Sorgenschwänzer.
Und sie drehn sich in den Bahnen
ohne dass sie es selbst ahnen,
auf dem ausgefahr’nen Gleis
Immerzu doch nur im Kreis.

In den letzten Straßenbahnen
sind sie Frauen stark geschminkt.
Ein Lachen, warm und gierig,
schrill zu mir herüber winkt.

Es flattert auf im Wagen,
dreht sich, bettelt, küsst mich, wirbt,
bis es in meinen müden Augen
ohne Antwort leise stirbt.

In den letzten Straßenbahnen,
warten wir noch auf ein Wort.
Doch mit jeder Haltestelle
steigt auch diese Hoffnung fort.

In den letzten Straßenbahnen,
fährt die Nacht dem Taglicht zu.
Kreischend in sonst stillen Kurven,
fährt sie durch die Morgenruh.

Der Herbst

Der Herbst patscht durch die Straßen
und treibt den Sommer fort.
Vivaldis Geigen weinen
und Stürme stehn vor Ort.

Bunte Drachen steigen
in den Himmel auf.
Sie grinsen auf uns runter.
Die Blätter falln zuhauf.

Der Sommer geht im Largo
Vivaldi schrieb nicht für Posaunen.
Wer zählt denn all die Lieben,
die mit den Blättern falln, den braunen.

Es ist ein Abschied voll von Wein
Hoch den vollen Krug.
Das Jahr, es geht die Runde
und hat vom Sommer schon genug.

Die Zeit geht fort und wartet nicht.
Sie geht durch’s Jahr spazieren
und in den stillen Zimmern fängt’s
mich langsam an zu frieren.

Das alte Lied

Wir singen das alte Lied
vom Kommen und Vergehen.
Vivaldis Geigen flüstern,
man kann sie kaum verstehen.

Herbst steht auf den Plakaten
die an den Straßen hocken
und uns mit bunten Farben
weit in die Tage locken.

Dem Jahr wächst schon ein Bart.
Es geht bereits am Stock.
Man sieht kaum noch ein Mädchen
in einem kurzen Rock.

Die Malermeister neiden
dem Herbst die Farbenpracht.
Der Anzug ist dem Jahr zu klein,
dass es in allen Nähten kracht.

Wir singen das alte Lied
vom Kommen und Vergehen.
Vivaldis Geigen flüstern,
man kann sie kaum verstehen.

Der Winter

Komm doch blasser Lilienmann
Komm und nimm Dich meiner an
Mach mich frei von dieser Hast
Mach mich frei von dieser Last
Die ich nicht mehr tragen kann
Komm und nimm Dich meiner an
Komm schon stummer Lilienmann

Komm still du ungerechter Greis
nicht, dass ich’s vorher schon weiß
Nicht, dass ich’s mir überleg,
wenn wir schon auf halbem Weg.
Dass ich’s leicht ertragen kann.
Komm und nimm Dich meiner an
Komm schon stummer Lilienmann

Das alte Jahr

Nun strahlt in jedem Kindertraum
ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum.
Er strahlt, er scheint zu blühen,
wenn seine warmen Lichter glühen.

Jetzt hat es keinen Sinn mehr,
dass man noch holt was man versäumt.
Dass man versucht sich das zu fangen,
was man ein langes Jahr geträumt.

Noch träumen wir vom Alleswenden.
Noch geben wir uns unsren Träumen hin.
Nur ist’s in diesem Jahr schon spät
und hat kaum noch den rechten Sinn.

Es blüht in jedem Kindertraum
die Mär vom Onkel Weihnachtsmann.
Wir sind so alt geworden
und glauben lnicht mehr dran.

Das Jahr kennt seine letzte Stunde
und richtet sich drauf ein.
Gut, dass ich nicht so weise
wie das alte Jahr kann sein.

Sie

Sie schläft noch,
wenn ich die Tür leis schließe
und gehe.
Sie ist noch nicht erwacht.
Wir haben uns in den Nächten
füreinander müd gemacht.

Steine

Und wieder fallen Steine
vom Mond mir in’s Glas.
Und wieder wachsen Zweifel
aus dem verbrannten Gras.
Und wieder stürz ich ab,
nach einem kurzen Flug.
Und wieder fährt er ab für mich
der Zug.

Ich weiß es ist meine Schuld.
Ich hab vielleicht zu wenig Geduld,
und kann nicht halten was sich entfernt.
Denn kämpfen hab ich nicht gelernt

Und wieder pack ich
meine Illusionen
in einen Koffer
aus hellen Blütenblättern
Und wieder überlass ich mich
den Wettern,
die um sich beißen
und keinen schonen.

Diesmal war ich so in Zuversicht.
Dachte nicht an jenes rote Licht,
das hinten an den Zügen klebt
und Wehmut in die Nächte webt.

Und immer wieder
immer, immer wieder,
vergrab ich mich
in meine Lieder.
Die Tür bleibt offen
und es zieht.
Nichts bleibt mir.
Nichts als dieses Lied.

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