NATHAN DER WEISE • GOTTHOLD EPHRAIM LESSING

Besetzung

NATHAN DER WEISE • GOTTHOLD EPHRAIM LESSING

Premiere – Freitag, 19. Januart 2024

Regie: Klaus Kusenberg, Bühne & Kostüme: Lena Scheerer, Dramaturgie: Daniel Thierjung

Ich spiele Nathan

Inhalt

Jerusalem. Das Haus des reichen Kaufmanns Nathan brennt. Die Stimmung zwischen Christen, Muslimen und Juden ist zum Zerreißen gespannt – unversöhnlich stehen sie sich in der Frage der „einzig wahren Religion“ gegenüber. Der christliche Patriarch plant die Ermordung des Sultans und die Eroberung Jerusalems durch die Kreuzritter. Doch es gibt auch Hoffnung: Aus den Flammen eines jüdischen Hauses rettet ein junger christlicher Tempelherr Nathans Tochter Recha und Nathan versucht, beim Sultan mit der Ringparabel eine versöhnliche Antwort auf die Konflikte der Zeit zu finden. Die Ringparabel ist ein Aufruf zu Toleranz, Humanität und einem friedlichen Miteinander.

Frank Damerius (Nathan) Annetta Chiantone (Recha) Eric Rentmeister (Sultan Saladin / Der Patriarch von Jerusalem) Kirsten Potthoff (Sittah) Rebecca Madita Hundt (Daja) Nick-Robin Dietrich (Ein junger Tempelherr) Thomas Weber (Ein Derwisch / Ein Klosterbruder)

 

Kritik

„Nathan der Weise“ in Paderborn-Inszenierung verzichtet auf plakative Bezüge zum Drama im Nahen Osten

Regisseur Klaus Kusenberg verzichtet in seiner Inszenierung in Paderborn auf plakative Bezüge zum blutigen Geschehen im Nahen Osten. Weder israelische noch palästinensische Fahnen sind zu sehen, auch keine Leichen oder Panzer. Es fallen keine Schüsse, nur eine Konfettikanone explodiert. Aber Hinweise auf den Nahostkonflikt wären auch gar nicht nötig gewesen – die Parallelen hat ohnehin jeder im Publikum vor Augen.
Es sei nur an die Ringparabel erinnert, weil sie einfach zu schön deutlich macht, dass es Unsinn ist, Religionen bewerten zu wollen. Auch Kusenberg feiert diese Stelle, indem er den Sultan einen Scheinwerfer auf Nathan richten lässt, als er von ihm wissen will: „Was für ein Glaube, was für ein Gesetz hat dir am meisten eingeleuchtet?“
Theatralische Musik in den Phasen, wenn sich die Bühne dreht, ergänzt die stimmige Dramaturgie, und trotz der zweieinhalb Stunden kommen beim Publikum keine Ermüdungserscheinungen auf. Das gilt auch für das Ensemble: Frank Damerius (Nathan), Annetta Chiantone (Recha), Eric Rentmeister (Sultan Saladin und Patriarch von Jerusalem), Kirsten Putthoff (Sittah), Rebecca Madita Hundt (Daja), Nick-Robin Dietrich (Tempelherr) und Thomas Weber (Derwisch und Klosterbruder) liefern eine souveräne Leistung ab.
Regisseur Kusenberg nimmt Nathan in seiner Version das Happy End, aber wie er das tut, wird an dieser Stelle nicht verraten. Theaterfreunde sollten sich schon selbst ein Bild machen – „Nathan“ in Paderborn lohnt sich vom Anfang bis zum Ende.
Westfälisches Volksblatt – 23.01.24 – Dietmar Kemper

Ein Klassiker, der Hoffnung weckt

Im Theater Paderborn kommt Lessings „Nathan der Weise“ als feinfühlige Inszenierung daher.
Die wundersame Kraft des Dialogs überzeugt genauso wie das Ensemble.

Regisseur Klaus Kusenberg inszenierte mit Feingefühl und ohne zwanghafte Modernisierungsbemühungen die enge Verflechtung der Menschen unterschiedlichen Glaubens.
Nathans Botschaft – es komme immer auf den Menschen, nicht auf den Glauben an – macht auch nicht halt vor der mitunter durchscheinenden Resignation: „Ich bin bloß ein Jude“ und seinem Wissen „Religion ist immer auch Partei“.
Regisseur Kusenberg lässt den jüdischen Geschäftsmann als Wanderer durch das Publikum auftreten.
Alles ist mit allem verwoben und durchlässig. In dunstigem Blau mit sphärischer Musik unterlegt, dreht sich das Gespinst der drei Glaubensrichtungen. Allein: der heutige Krieg bleibt außen vor, flammt nur als mögliche Konsequenz kurz auf in den heißen Ereiferungen des Tempelherrn.
Frank Damerius als Nathan findet in einen natürlichen, berührenden Ton. Mit dem Erscheinen der quirligen, geistvollen Recha (Annetta Chiantone) und des Tempelherren (Nick-Robin Dietrich), der mit hipper Sonnenbrille und abgeranztem Blumenmantel den attraktiven Sonderling gibt, wird es lebendig.
In großen Bildern fängt die Inszenierung die Hierarchien ein.
Nathan, vom Sultan unter Druck gesetzt, ringt mit der Ringparabel – wenig überraschend – im grellen Verhörlicht auf hoher Stufe.
Große emotionale Momente liefert die Annäherung der beiden Männer.
Und letztendlich legt sich die Lessing’sche Versöhnung aller Protagonisten in der heutigen Inszenierung nur als Wunschdenken und Schriftbild über die Spieler. Und der Jude Nathan? Er begibt sich erneut auf ewige Wanderschaft.
Neue Westfälische – 22.01.2024 – Ann-Britta Dohle

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